6734507-1966_14_15.jpg
Digital In Arbeit

Bühne fürs Volk

Werbung
Werbung
Werbung

Da spielen sie in einem Theater, dessen normales Stammpublikum sich bei einem Stück wie etwa „Das Glöckerl unterm Himmelbett“ höchlichst amüsiert, das Volksstück „Die Magdalenen“ von Hans Naderer. Darin leitet Pater Johannes im Paris des 17. Jahrhunderts ein Asyl für gefallene Mädchen, wobei er von einem ehemaligen Mörder, einer wahren „Seele“ von Mensch, unterstützt wird. Nach einem Exzeß der Pfleglinge gerät der Pater in Konflikt mit der reichlich hochnäsigen adeligen Wohltäterin des Heimes, die, nachdem eines der Mädchen ihren Sohn verführt hat, die Schließung des Hauses erzwingt. Wie sehr jedoch das selbstlose Wirken des Priesters die jungen Menschen beeinflußt hat, zeigt das Verhalten eines ebenso hübschen wie liederlichen Mädchens, das stets am meisten aufbegehrte und nun zur Sühne ihres bisherigen schandbaren Lebens als freiwillige Samariterin in einer Station für Leprakranke tätig ist.

Alles das vollzieht sich ohne viel Rücksicht auf Psychologie oder Dramaturgie im Sauseschritt, vom Verfasser einzig und allein dafür geschaffen, sein Publikum zu fesseln und zu rühren. Dieses aber verfolgt das Geschehen mit leuchtenden Augen, lacht ungeniert, wenn sich die Handlung gar zu unwahrscheinlich rasch entwickelt, und bekommt feuchte Augen über so viel Opfermut und Nächstenliebe. Ästhetische Maßstäbe sind auf diese Art von Dramatik kaum anwendbar. Sie bleiben unwirksam angesichts einer Naivität der Zuschauer, die auf die Vorgänge der Bühne (im Renaissancetheater) so unmittelbar reagiert, daß sich jede zünftige Kritik wie eine intellektuelle Besserwisserei ausnehmen würde.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung