Durch das Feuer_Still.jpg - Das Drama „Durch das Feuer“ rückt die Psychologie und den mentalen Absturz ins Zentrum. - © Polyfilm

Des Retters Überlebensprüfung

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Beim Brand der Kathedrale Notre-Dame in Paris im April des heurigen Jahres konzentrierte sich fast alles auf die Erschütterung über den drohenden Verlust eines Symbols und Kulturguts. International eher am Rande fand der Einsatz der 500 Feuerwehrleute, der „sapeurs-pompiers de Paris“, Erwähnung. Es ist Zufall, aber nicht zufällig, dass der französische Regisseur Frédéric Tellier sein dem Realismus verhaftetes Drama „Durch das Feuer“ in ihren Reihen spielen lässt. Im Original benennt er es sogar nach deren Motto: „Sauver ou périr“ – Retten oder Umkommen. Die Namen Letzterer, der „im Feuer“ Gestorbenen, schallen jeden Morgen durch den Hof der Brandwache: Fahnenappell. Franck (Pierre Niney), ein junger Brandmeister, ist nicht nur Teil der Einheit, er wohnt auch direkt über seinem Arbeitsplatz, hört die Einsatzalarme selbst wenn er dienstfrei hat. Seiner Frau Cécile (Anaïs Demoustier), die Zwillinge erwartet, erzählt er vom Training, das jedem Unfall vorbeugen soll. Über manches teilt er sich wieder nicht mit, etwa wenn ihm ein Verkehrsunfallopfer unter den Händen weggestorben ist.

Eine Karriere ist sein Traum, und der nächste Schritt das Diplom, mit dem er seinen Trupp bei Brandeinsätzen führen darf. Als er es endlich in der Tasche hat, wird das erste Ausrücken zur Katastrophe: Er geht zurück, um seine Leute aus dem Feuer zu retten – und wacht nach monatelangem Koma wieder auf, als physisch gebrochener Mann, entstellt an Gesicht und Armen.

Innenleben als Albtraum

Lange bevor das eigentliche Hauptthema, der lange Weg zurück für Opfer wie Angehörige, ins Zentrum rückt, spielt in „Durch das Feuer“ bereits die Psychologie eine tragende Rolle. In aktionsverhafteten, von Cutterin Gwen Mallauran meisterhaft rhythmisierten Bildern beschreibt Tellier etwa den Korpsgeist der aufeinander eingespielten Einheit, aber auch schon an einem anderen Beispiel den mentalen Absturz, als einer von ihnen wegen einer Verletzung aus seiner Lebensberufung gerissen wird. Das Innenleben des Brandopfers Franck verbildlicht der Regisseur mit den Gemälden von James Ensor, deren Fratzen zum überwältigenden Albtraum werden. Es kommt ihm zupass, dass er ein großartiges Ensemble vereinen kann. Nicht nur Niney, der in dieser ausnehmend fordernden Rolle lange in Erinnerung bleiben wird, sondern ebenso Anaïs Demoustier als Partnerin, die sich selbst an der Situation zerbrechen sieht. Oder Sami Bouajila, der als behandelnder Arzt in nur wenigen Momenten das Anliegen des Films definiert: die heilende Kraft, wenn sich Menschen einander mitteilen. Weniger spannend sind bei „Durch das Feuer“ die emotionalen Explosionen, ist der Ausrutscher ins „Phantom der Oper“.

Etwas verlässt diesen oft so klug und unmittelbar gestalteten Film schließlich der eigene Mut: sein Wille zu beobachten, dabei auf manch herkömmliches Mittel zu verzichten, und so näher beim Leben zu sein.

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