Hochwälders „Unschuldiger“ ist eine wahrlich grandiose Rolle von ungewohnten Ausmaßen im modernen Theater, gefährliches Experiment, mitleidlose Probe für jeden Schauspieler. Kann man die Titelfigur nicht zu echtem Leben erwecken, bringt es das Stück kaum zu mäßigem Erfolg. Das mußte man jetzt bei der Aufführung der B e r 1 i n e r K o m ö-d i e erleben.
Zwar scheint bei Hans Nielsen alles in besten Händen: da ist Statur und strahlende Gesundheit, berserkerhafte Kraft und bärenhaft warmes Rollen der Stimme, umwerfende Herzlichkeit und naive Brutalität. In seinen Ausbrüchen ist Nielsen so nahe am Herzanfall, daß man für ihn zu fürchten beginnt, und dann hat er Töne jovialer Güte und wahrhaften Humors. Nur eines fehlt, und das wird entscheidend: Naivität des Kindes und Realitätsbeherrschung des Industriellen, Rohes und Zartes zu einer Figur zu verschmelzen und sie aus dem Quell einer ungewöhnlichen und für uns moderne Menschen kaum glaubhaften Fülle heraus verständlich zu machen.
Deshalb ahnt man das wirkliche Stück nur. Zumal der Regisseur auch drum herum mehr Konversationskomödie spielen läßt als Volksstück, mehr Berlin als Wien.
