Grenzen zwischen Natur und Kultur

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Als roter Faden zieht sich durch "Wind River" ein gleichnishaftes Bild. Cory Lambert, ein Angestellter der Behörde "U. S. Fish and Wildlife Service", liegt in Deckung, lädt sein Gewehr und erlegt einen Wolf, der gierig eine Herde Schafe umkreist. Es ist die "wölfische" Natur, welche den Menschen in dieser unwirtlichen Gegend zum Verhängnis wird. Und jeder muss sich entscheiden, will er Wolf oder Lamm sein, wenn er hier draußen, am Rande eines Indianerreservates, überleben will. Dessen Bewohner gehören jenem Teil der amerikanischen Gesellschaft an, der an den äußersten Rand gedrängt worden ist. Es gibt keine Hoffnung auf die Zukunft, auch nicht für die nächste Generation. So stößt der Protagonist auf den Spuren eines Pumas auf die Leiche einer jungen indianischen Frau. Sie scheint vor einem brutalen Verfolger in die Kälte der schneeweißen Nacht geflohen zu sein. Zur Auflösung des Falls schickt das FBI mit der Agentin Jane Banner ein absolutes Greenhorn an den Tatort. Sie heuert den Jäger und Fährtenleser an.

Nach den Drehbüchern zu "Sicario" und "Hell or High Water" hat Taylor Sheridan nun sein Regiedebüt mit einer weiteren selbstverfassten Geschichte vorgelegt, es schließt die von ihm selbst so genannte "Frontier-Trilogie" ab. Mit "Frontier" wird die Grenze bezeichnet, die bei der Besiedlung des amerikanischen Kontinents unablässig gen Westen verschoben wurde und den Ureinwohnern einen immer ungastlicheren Raum zuwies.

Die wirklich wilde Natur

Sie markiert den Übergang zur ungezähmten, zur fremden Natur, von der sich die "zivilisierte Kultur" abgrenzen wollte. Sheridan jedoch hat mit seinem Helden einen Grenzgänger gewählt, er ist auf beiden Seiten beheimatet. Nicht nur hat er eine Frau aus dem Reservat geheiratet, sondern hat als Vater eine ähnliche Tragödie durchlitten: auch seine Tochter wurde ermordet.

Mit seinem Erzählkosmos beweist Sheridan William Faulkner'sches Format. Kunstvoll hat er Westernmotive mit sozialkritischem Realismus verflochten und in die Form eines Thrillers gegossen. Diese reizvolle Mischung -ausdrucksvoll bebildert durch den Kameramann von "Beasts of the Southern Wild", Ben Richardson -ist jedoch nicht durchgängig geglückt. Dies nicht zuletzt, weil die Psychologisierung der Figur, deren Familienproblematik, nicht konsequent verfolgt wird.

Die Spannung erhält einen abrupten Dämpfer, der von der Musik von Nick Cave und Warren Ellis getragene Rhythmus des Films gerät aus dem Takt, wenn der Regisseur beim zentralen Duell, bei der Rettung im letzten Moment eine Rückblende einfügt, die den Vorgang in der Tatnacht erhellt. Sie irritiert den Zuschauer mit einer auktorialen Erzählweise, die aber Episode bleibt. Wenn der Protagonist den Täter schließlich in der Wildnis stellt, wird Gleiches mit Gleichem vergolten. Dies lässt ein zwiespältiges Gefühl zurück.

Wind River GB, Kanada, USA 2017. Regie: Taylor Sheridan. Mit Jeremy Renner, Elizabeth Olsen. Thimfilm. 107 Min.

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