Under the Tree - © Thimfilm

Isländisch trocken

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In wenigen Einstellungen vermittelt Hafsteinn Gunnar Sigurðsson in seinem dritten Spielfilm das Bild einer erkalteten Ehe, wenn sich Atli aus dem Bett vor den Computer zurückzieht und zu einem Film, der ihn mit einer Bekannten beim Sex zeigt, onaniert. Pech freilich, dass seine Frau dazukommt und ihn vor die Tür setzt. Eine Bleibe findet Atli bei seinen Eltern, die in einem Reihenhaus in Reykjavík wohnen. Als uniforme Einheitswelt nach Ikea-Muster, vor dessen Filiale bezeichnenderweise auch eine Szene spielt, präsentiert Sigurðsson diese Siedlung allem mit Blicken aus der Vogelperspektive und Frontalansichten: Alles ist penibel geordnet und normiert. Doch die Idylle trügt, denn unter der glatten Oberfläche brodelt es. Der alternden Mutter sieht man ihre Missmutigkeit auf den ersten
Blick an. Erst langsam wird klar, dass Trauer und Verbitterung über das Verschwinden ihres geliebten ersten Sohnes der Grund dafür sind. Den Wunsch ihrer sportlichen jungen Nachbarin, den mächtigen Ahornbaum, der Sonnenbäder beeinträchtigt, zurückzustutzen, weist sie jedenfalls kategorisch zurück. Vorprogrammiert ist damit ein langsam eskalierender Nachbarschaftskrieg, während Atli gleichzeitig versucht, Frau und Tochter zurückzugewinnen. Sympathieträger gibt es hier keine, kühl und mitleidlos ist Sigurðssons Blick auf seine Protagonisten. Er zeichnet die Frauen als streitlustige, treibende Kräfte, während die schwachen Männer zu kalmieren versuchen oder aus der häuslichen Enge flüchten. Ganz überzeugt die Verknüpfung des Nachbarschaftsstreits mit der Ehegeschichte Atlis allerdings nicht, da echte Verzahnungen fehlen und man zwischen den Geschichten und damit auch zwischen knochentrockenem Humor und ernstem Ehedrama hin und her geworfen wird. Wie sich dann schließlich auch in den Nachbarschaftsstreit das Drama einschleicht, indem der 40-jährige Regisseur, unterstützt von einem starken Ensemble, zunehmend tiefer in die Psyche seiner Protagonistenu ndi hrerU nfähigkeitz urK onflikt- lösung blicken lässt, beeindruckt aber doch.

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