Multikulti im Beziehungswirrwarr

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Die freie Wahl des Ehepartners stößt in Fragen der Herkunft und Religion oft an ihre Grenzen. Zumal, wenn man wie beispielweise Kumail, Immigrant ist, und sich die Identität in der Fremde in ein fragiles Gebilde aufzulösen droht.

Muss man seine zukünftige Ehefrau ausschließlich in den eigenen Kreisen suchen? Darf man als Muslim überhaupt eine Andersgläubige heiraten? Und wie wird über diese Entscheidung dann die Verwandtschaft befinden? Für Kumails Familie jedenfalls wäre die falsche Wahl ein Grund, den Sohn zu verstoßen. Auch wenn sie ihn noch so sehr liebt: die Werte der angestammten Kultur gehen vor. Darum führen die Nanjianis ihr Privatleben nach altem Brauch, obschon sie vor Jahren in die USA ausgewandert sind.

Wenn der Sohn am Wochenende zu Gast kommt, steht alsbald eine sittsame Schwiegertochter in spe vor der Tür. Die Mutter hat sie sorgfältig aus ihrer pakistanisch-stämmigen Community ausgewählt. Kumail aber hält es für wichtiger, bevor er eine Familie gründet, seine Karriere als Stand-up-Comedian voranzutreiben. Da fällt während einer Show sein Auge auf Emily: Die freche, respektlose Psychologin könnte die Traumfrau sein - wenn sie nur nicht die falsche Herkunft und Religion besäße.

Michael Showalter hat einen bemerkenswerten Film über einen herkunftsbedingten Liebes- und Generationskonflikt gedreht; zu Recht wurde die Romeo-und-Julia-Geschichte mit Preisen bedacht. Sie beruht auf den persönlichen Erlebnissen des Hauptdarstellers Kumail Nanjiani, der mit Ehefrau Emily das Drehbuch schrieb.

Tradition halten oder aufgeben?

In zwei Teilen erzählt die facettenreiche Tragikomödie von dem Schicksal des Ehepaars, wie es sich kennen-und liebenlernt, sich trennt und wiederfindet. Dabei weckt "The Big Sick" Hoffnung und Optimismus, kümmert sich mit seiner Komik wenig um politische Korrektheit, stimmt den Zuschauer nachdenklich und lässt ihn mitfühlen, wie bedrückend es ist, von den Eltern in einem dichten Gespinst der Tradition festgesetzt zu werden, in dem diese genauso gefangen sind. So bleibt Kumail gar nichts anderes übrig, als sich zu verstellen, zu lügen und bigotterweise mit seiner Traumfrau nur in der selbstgeschaffenen Parallelwelt zu verkehren.

Anschaulich führt der Film vor Augen, dass die Freiheit der Wahl, der Anspruch auf Selbstbestimmung schätzenswerte Rechtsgüter sind, die auch im Privatleben gelten müssen. Diese Güter garantieren jungen Menschen erst den Entwicklungsraum, in dem sie sich unbefangen und mit ausreichend Zeit über die Art und Weise, wie sie leben wollen, Gedanken machen können und sich ausprobieren dürfen. Die wollen verteidigt sein.

The Big Sick USA 2017. Regie: Michael Showalter. Mit Kumail Nanjiani, Zoe Kazan, Holly Hunter, Ray Romano. Thimfilm. 119 Min.

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