Gleich zwei amerikanische Aufarbeitungen von Terrorereignissen der jüngsten Zeit bringt diese Kinowoche - und sie könnten kaum unterschiedlicher sein, alleine schon in ihrem Zugang zum Begriff des Helden. Während jene in Clint Eastwoods "The 15:17 to Paris" bereits in spe gefeiert werden (siehe Kritik rechts), ist dieses Prädikat im Drama "Stronger" eine unsägliche Bürde für seinen Träger. Jeff Bauman war eines der Opfer des Anschlags auf den Bostoner Marathon 2013.
Das Foto von damals, das ihn zeigt, als er mit zerfetzten Beinen vom Explosionsort gebracht wird, ging ins mediale Gedächtnis ein; genauso, dass er nach dem Aufwachen von einer beidseitigen Amputation eine Täterbeschreibung lieferte. Basierend auf seiner Autobiografie bringt Regisseur David Gordon Green immer wieder Außen-und Innenwirkung, Erwartungshaltung und Realität in Konflikt: das Transparent an einer Autobahnbrücke etwa, das Bauman bei der Heimkehr vom Krankenhaus als Inbegriff des Mottos "Boston Strong" begrüßt, wider die blutig geschlagene Nase, wenn er bei einer unvorsichtigen Bewegung wieder hilflos zu Boden gestürzt ist. Oder die Beteuerung, dass seine Freundin zu nichts verpflichtet sei, wider deren Wissen, dass er ihretwegen an der Ziellinie stand.
Tragende Rolle für Jake Gyllenhaal
Ihre Beziehung ist auf emotionaler Ebene der Motor der Geschichte. Um sie herum breitet Green große und kleine Beobachtungen aus, etwa über Baumans Familienclan. Dessen quirlige Momente gehören zu den Bereicherungen für einen Film, der fortwährend Gelegenheit hätte, ins Schreierische auszubrechen. Seine Vielzahl an Themen und Problemen packt "Stronger" jedoch zurückhaltend, wenn nicht sogar reflektiert an, getragen von einer starken, bodenständigen Besetzung -und in ihrem Zentrum gestützt von Jake Gyllenhaal, der unterstreicht, warum er die körperlich wie seelisch fordernden Rollen sucht.
Stronger USA 2017. Regie: David Gordon Green. Mit Jake Gyllenhaal, Tatiana Maslany, Miranda Richardson. Constantin. 119 Min.
