Rettet das Dorf - © Polyfilm

Rettet das Dorf: Absterben oder Aufblühen

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Thomas Taborsky über den Dokumentarfilm "Rettet das Dorf" von Teresa Distelberger

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Thomas Taborsky über den Dokumentarfilm "Rettet das Dorf" von Teresa Distelberger

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Wer die sichtbaren Folgen der Verstädterung in Österreich sehen will, braucht von Wien aus nur ein wenig nach Norden ins Weinviertel zu fahren. Schnell springen einem die ersten unbewohnten Häuser und aufgegebenen Nahversorger ins Auge. Diese Symptome sind auch der Ansatzpunkt für Teresa Distelbergers „Rettet das Dorf“. Ihr Dokumentarfilm orientiert sich stark an den Integrationsfiguren des ländlichen Lebens: der Volksschuldirektorin, der Lebensmittelhändlerin, dem Bürgermeister; ausgespart bleibt eigentlich nur der Geistliche. Die weltlichen Sorgen sind deutlich genug.

„Schwarzes Loch“ werden die Ballungszentren einmal genannt, nicht nur weil viele Junge dorthin abwandern und nicht mehr zurückkommen. Einkaufszentren und -zeilen dünnen die lokalen Strukturen aus, Ortszentren verwaisen, Treffpunkte und Zusammenhalt der Gemeinschaft sind oft bedroht. Das Endstadium einer solchen Entwicklung zeigt der Film, der jedes Dorf mit Einwohnerzahl vorstellt, im Friaul: „0“ steht dort bei einem verlassenen Weiler, den sich die Natur zurückgeholt hat, und auch der landwirtschaftliche Kulturraum ist an sie zurückgefallen.

Ist es dort in der Nachbarschaft ein Neo-Bergbauer, der bewusst zur Existenz fernab der Stadt gewechselt hat, ist es anderswo ein Mann, der seine Brillenfabrikation daheim im Lechtal ansiedelte: Im Verlauf geht Distelberger zunehmend vom Problem zu Lösungsansätzen für ein vitales Landleben über. Als Hauptbeispiel dient ihr Stanz im steirischen Mürztal, die einzige Gemeinde, die sich erfolgreich gegen die Zusammenlegungen widersetzte, wo sie das Weiterwirken der Initiative verfolgt.

Geschickt baut der Film seinen narrativen Bogen bis hin zu jungen Leuten, die neue Chancen in kriselnden Kommunen sehen, nutzen und diese dann wiederbeleben wollen. Dabei kann „Rettet das Dorf“ eine gewisse Neigung zu Fernsehkonventionen nicht abschütteln, auch wenn versucht wird, aus der Drohnenperspektive einen erweiterten Blick auf menschliche Siedlungswelten zu geben. Spannend ist jedenfalls, was sich in diesen Bildern ausmachen lässt, und was nicht. Freilich empfiehlt sich der Film als Impulsgeber für ein Nachdenken, sei es am Land oder in der Stadt. Denn auch wenn es sich manchmal nicht so ausnimmt: Nur gedanklich sind die beiden weit voneinander entfernt.

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