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Schwabs Vexierspiele

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Schwabs nachgelassene Shakespeare-Paraphrase „Troilus-wahn und Cressidatheater”, inszeniert von Schauspieldirektor Marc Günther, ist wider Erwarten ein tiefer Griff in die Mottenkiste des 19. Jahrhunderts. Mythenparodie, Vexierspiele von Rolle und Identität, Demaskierung von heroischem Pathos, Kontrastierung von Alltagsund Theaterwelt oder krampfhafte Neologismen - all dies nur allzu gut. Bekannte kann Schab wohl nicht gemeint haben, schon gar nicht die Doppelbesetzung der einzelnen Figuren, remember Pirandello ...

Im Vergleich zu anderen Werken wirkt auch die Sprache Schwabs eigentümlich einfallslos, ja geradezu verbraucht. Ob in diesem Fall Richard Wagners Traum vom unsichtbaren Theater nicht neu zu träumen wäre, vor allem angesichts einer Inszenierung, die von auftrumpfend-naivem* Naturalismus geprägt ist, diese Frage stellt man sich als Rettungsanker vor der eigenen vollständigen Ratlosigkeit. Gewiß konstatiert man schauspielerische Glanzleistungen, vor allem von Otto David als Nestor/Calchas. Wie so oft in letzter Zeit ist man jedoch angesichts der Mythenbezüge in der Kunst geneigt, der lapidaren Einsicht zuzustimmen, daß die künstlerischen Attitüden, die umstandslos mit der Tradition brechen, nicht mit ihr rechnen dürfen.

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