Von dynastischer Räson diktiert

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Das launigste Motto des Habsburgerreichs muss an dieser Stelle nicht extra wiederholt werden. Heiratspolitik machten auch andere, etwa Frankreich und Spanien, als sie 1721 den Handel einfädelten, der im Mittelpunkt des Historiendramas "Ein königlicher Tausch" steht. Eine Doppelhochzeit sollte Frieden zwischen den ausgebluteten Ländern stiften. Spanien schickte die gerade erst dreijährige Infantin Mariana Victoria als künftige Gattin für den ebenfalls unmündigen Ludwig XV. auf die Reise. Im Gegenzug sollte Louise Élisabeth, die Tochter seines Regenten Philipp II. von Orléans, mit dem Sohn von König Philipp V. vermählt werden.

Komplexe Hintergedanken, zum Beispiel dass Philipp II. dadurch seine Chancen erhöhte, selbst auf den französischen Thron zu kommen, sind in der Kinofassung des Geschichtsromans von Chantal Thomas eher das Nebengeräusch. Sie interessiert sich vor allem für die Spielbälle, besser gesagt Opfer dieser dynastischen Geschäfte, um durch Szenen zu führen, die deren fremdbestimmtes Los besonders augenfällig schildern.

Regisseur Marc Dugain formt daraus tableaux vivants, symbolische Momente oder reich ausgestattete Choreografien. Er inszeniert toxische Atmosphären, wenn sich die Delegationen ihre Bräute nach exakt festgelegtem Zeremoniell auf der eigens dazu auserkorenen Grenzinsel übergeben, oder wenn ein besessen dreinblickender Höfling Einfluss auf den Knabenkönig zu gewinnen sucht. Entzückend puppenhaft wirkt in all dem die kleine Infantin, die im Schlangennest Versailles durchaus beliebt ist -allerdings nicht bei ihrem Zukünftigen, der ihr nicht verzeiht, dass sich seine Gouvernante nun um sie kümmert, und auch nicht bei seiner Entourage, die nur sieht, dass dieses Kind vorerst weder zur Fleischeslust noch zur Produktion von Nachkommen taugt. Ihre Schicksalsgenossin versucht sich indes aufzulehnen: Louise Élisabeth verweigert sich dem kleinlauten, rettungslos in sie verliebten Louis, der unvermittelt die Krone aufgebürdet bekommt, als sein tief religiöser, von Stimmungsschwankungen heimgesuchter Vater in einer Laune abdankt.

Der Gefühlswelt insbesondere der Mädchen stellt "Ein königlicher Tausch" das Verhalten ihrer Umwelt gegenüber, die finsteren Blicke einer Schwiegermutter etwa. Und er konfrontiert mit dem, was sie noch nicht verstehen, was sie erst in ihre Begriffswelt aufnehmen müssen -vor allem die Sexualität. Der Film deutet vieles nur an, aber das macht deren Unreife nur spürbarer. Expliziter, ja überbordend, ist er im Ausmalen mancher Charakterzüge, die Machtpolitik plastisch ausformen sollen - ein kleines Manko an einem Kinogemälde, das sonst ein prächtiger Erzähler ist.

Ein königlicher Tausch (L'échange des princesses) F/B 2017. Regie: Marc Dugain. Mit: Anamaria Vartolomei, Kacey Mottet Klein, Igor van Dessel, Juliane Lepoureau. Thimfilm. 100 Min.

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