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Begegnungen in Belluno

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Die 7. „Alpenländische Begegnung der Schriftsteller“ fand in diesem Jahr in Belluno, dem Geburtsort Dino Buzzatis, statt, Buzzati selbst war am letzten Tag, der eine Zusammenkunft der Schriftsteller Vene-tiens mit den übrigen Kongreßteilnehmern aus Bayern, der Schweiz, Slowenien und Österreich mit einschloß, als Gast anwesend und hat dadurch wesentlich beigetragen, die „Alpenländische Begegnung“ gegenüber der Öffentlichkeit als eine wichtige zu betonen.

Belluno als Ort der „Alpenlän-dischen Begegnung“ war nach Luzern, Innsbruck, Graz, München, Chur in Graubünden und Maribor deshalb gewählt worden, weü diesmal auch die Schriftsteller des Friauls und Venetiens in die Tagung einbezogen waren. Die „Alpenländische Begegnung“ hat damit einen weiteren Schritt In ihrer Absicht vollzagen, eine möglichst breite Basis für ihre Tätigkeit zu erreichen, ohne den Boden ihres Ausgangs zu verlassen, nämlich den des Alpenraumes. In dieser Hinsicht waren auch drei Referate bemerkenswert: das eine von Fernando Bandini, einem jungen italienischen Schriftsteller, der bewußt provokatorisch die Öffnung eines allzu streng abgegrenzten Raumes in die Weite und Tiefe des Geistes herausstellte, zu dem Zwecke, eine rege Diskussion anzuregen, eine Absicht, die im Hinblick auf ein oft zu konservatives

Denken lobenswert ist. Das Ist ihm schon durch die bloße Lesung seines Vortrages — er selbst trat erst am letzten Tag in Erscheinung — gelungen. Das Coreferat zu Bandini, „Einheit in der Vielfalt“, von Hans Faber-Perathoner, hob die Ausführungen Bandinis entsprechend hervor, unterstrich aber vor allem schöpferische Gestalten wie Georg Trakl, Josef Leitgeb und Joseph Georg Oberkof-ler aus dem österreichischen Alpenraum. Auch die Ausführungen von Hermann Ktiprian unter dem Begriff der „Spirituellen Poesie“ zielten auf eine Öffnung des alpenländi-schen Raumes für die Schriftsteller unserer Zeit hin, auf eine neuerliche Vertiefung jener durch die nationalsozialistische Ideologie so abgenutzten Begriffe wie Heimat, Boden, Volk, indem er den alpenländischen Raum in seiner Größe und Bedeutung nicht nur geographisch und historisch wiedererstehen ließ, sondern auch geistesgeschichtlich und literaturhistorisch in seiner Wirkung auf Geister wie etwa Nietzsche hinwies. Eigentümlicherweise rief dieses Referat keine Diskussionen wach, außer den einen Einwand: hier könnte sich etwas entwickeln, das den alpenländischen Raum zu einer bloßen geistigen Spekulation verdünnen und ihm damit nie gerecht werden könnte, eine Ansicht, die Hermann Kuprian zu zerstreuen wußte.

Wie immer bei solchen Kongressen, hatten die Gastgeber, die Assoctazione degrli Scrittori Veneti mit ihrem Präsidenten Prof. Dr. Fasolo, die Stadt Belluno und die Handelskammer für die Provinz Belluno, ein ansprechendes Rahmenprogramm mit künstlerischen Darbietungen von Kräften der Gegend und Empfängen aufgeboten, zum Schluß ein gemeinsames Essen auf dem Neve-gal, dem Skiberg von Belluno. Die Fahrt dahin läßt das Piavetal in seiner Wucht und seiner Lieblichkeit betrachten und war daher mehr als eine schöne Kulisse zu einer Tagung der alpenländischen Schriftsteller, welche Sprache sie auch sprechen mögen. Der alpenländische Raum, der „Topos“, sprach für sich, diese Kette der Dolomiten, die unvergleichlich ist. Das sollte auch für eine Dichtung aus dem alpenländischen Raum immer wieder Anreiz sein, ihn auszuschöpfen in allem, was Menschen zu Menschen bringt, die Aufgabe nicht zuletzt der Dichtung unserer Zeit, in der vielfach der humanitäre Gedanke nur in tausend Reden aufscheint, die Aggression aber wächst.

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