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Das Leben - ein Spiel

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DER BLINDE. Erzählung von Waltet Jens. R.-Piper-Verlag, München. 101 Seiten. Preis 3,80 DM

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DER BLINDE. Erzählung von Waltet Jens. R.-Piper-Verlag, München. 101 Seiten. Preis 3,80 DM

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Bei allem Gültigen, Notwendigen, Aufreißenden und formal und inhaltlich Neuen, welches das moderne Schrifttum hervorbringt, kann man doch selten von einem Buch sagen, es sei bleibend. Nur selten gelingt die Verdichtung zu jener einfachen Aussage, die klar und ergreifend Gleichnis und Zeugnis ist. Auch Walter Jens hat dieses Ziel beileibe nicht in allen seinen Werken erreicht. Aber in der Erzählung „Der Blinde“, die nun in der wohlfeilen Piper-Bücherei vorliegt, ist er dem Ideal des Bleibenden sehr nahegekommen.

Die Fabel zeigt einige Verwandtschaft mit Hermann Hesse. Das Leben — ein Spiel! Und das Spiel ein Trost, das Spiel ein Halt in der Gemeinschaft. Spiel gewinnt transzendente Bedeutung, wird kultisch, wird Tugend. Ist tägliche und tätige Nächstenliebe eigentlich etwas anderes? Wenn sie so leicht, so phantasielos, so allbezogen geübt wird? Die Parabel von dem erblindeten Lehrer, der mit Hilfe des seltsamen Baukastenspiels eines todgeweihten Juden wieder in den Kreis des Lebens findet, wird von Jens trocken und sachlich erzählt. Das Buch liest sich formal wie ein Bericht. Die Teilnahme wird nicht vorweggenommen, sondern ist ganz dem Leser überlassen. Der Intellekt steht im Dienst des Menschen. Er verfremdet nicht und überfällt nicht. Diese Redlichkeit ist imponierend.

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