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Die Mauer in Bregenz

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Mit dem Werk des Spaniers Joaquin Calvo Sotelo „Die Mauer“, mit dem das Theater für Vorarlberg in diesen Wochen durch die Städte und größeren Gemeinden des westlichsten Bundeslandes zog, hat diese Bühne sich selber übertroffen. Die österreichische Erstaufführung des spanischen Dramas in der Ueber-setzung von Hans Schlegel, die im Kornmarkttheater zu Bregenz in Szene ging, war ein erschütterndes Erlebnis. (Im April unternimmt das Theater für Vorarlberg mit der „Mauer“ eine Gastspielreise nach Südtirol.)

„Die Mauer“, dag ist jene Wand von Menschen, ererbten Traditionen, Scheinreligiosität und all dem, das als „staatscrhaltend“ gilt und doch den Menschen hindert, wahrer Christ zu sein und das als notwendig Erkannte zu tun. In drohender Todesgefahr beschließt ein Mann, ein vor bald zwei Jahrzehnten — dazu noch in den Wirren des Bürgerkrieges — verübtes Unrecht gutzumachen. Aber nun baut sich die Mauer auf. Der Tod bewahrt den Helden — und damit den Dichter — vor der letzten Entscheidung. Don Ramon stirbt in der Absicht zu sühnen. Seine Seele ist gerettet, aber nun erbt sich die Schuld auf sechs andere Menschen weiter. Sie werden selber bald wieder vor „La Muralla“ stehen.

Man kann es verstehen, daß das Stück im Spanien Francos ein kühnes Wagnis gewesen ist. Aber ist nicht jeder einzelne von uns schon vor einer solchen „Mauer“ gestanden und hat entschieden, nicht nach dem Gewissen, sondern nach Familien-, Berufs- und Parteiinteresse, nach Tradition und selbst nach der „Kirchlichkeit“, wenn diese nur einen leichter gangbaren Weg wies? Calvo Sotelos Stück ist eindringliche Predigt und Mahnung an die Kirchengläubigen, von denen mancher gar nicht böse ist, wenn eine „Mauer“ von lieben und nahestehenden Menschen ihm allzu schwere Entscheidungen abnimmt.

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