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Ein leerer Sarg — oder?

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Makabres Warten auf den Sarg mit dem toten Sohn füllt das Wohnzimmer der Weisheims, in der Enge des dörflichen Lebens überwiegen für Mutter und Vater Weisheim Gefühle der Scham („Am Paulsplatz muß man sich nicht umbringen!”; „Alle stehen jetzt hinter den Gardinen”; „Der Pfarrer wird nicht läuten, Ludwig ist ausgetreten”). Nur schöngefärbte Erinnerungen an den Selbstmörder kommen hoch. Der Lehrer-Vater, die Pianistin-Mutter wollten höher hinaus, er kandidiert für ein politisches Amt im Dorf.

Als der Sohn Georg hereinschneit, stößt sich das scheinbare Familien-idyll schnell an der Schwangerschaft von dessen Freundin, der keine Ehe folgen wird. „Für sie bin ich jetzt tot”, ist die Botschaft eines Telegramms des Selbstmörders(p), das Bruder Georg vermittelt. Er versucht das Gespräch über die mögliche Schuld der Eltern an Ludwigs Tod, deckt auch den sexuellen Mißbrauch des Vaters an Schülerinnen auf.

Aus dem inzwischen eingetroffenen (leeren?) Sarg heraus möchte der Vater die „Absolution”, aber gleichzeitig nimmt er jede Gelegenheit wahr, einer Konfrontation zu entgehen.

Ist Ludwig vielleicht doch nicht tot und könnte voll Freude die elterliche Selbstzerfleischung genießen?

Alois Hotschnigs Stück - er ist 1959 geboren - karikiert recht treffend das miefige Aufsteigermilieu im Dorf, versucht den großen Bogen zur Schauspieler-Szene in „Hamlet” - Sohn Georg spielt dem Vater beängstigend dicht seine Mädchen-Geschichten vor. Zuletzt aber sackt Hotschnig ab in skurriles Getändel, es mangelt die innere Wut, Dramatik wird zerredet.

Hans Gratzers Regie versucht detailfreudig dem Text liefe zu geben, Roland Kenda, Barbara R.Klein, Christian Banzhaf und Silvia Fenz bieten eine dichte Ensembleleistung.

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