Sengende Hitze, Wasser und Kaffee kennzeichnen den Anfang von Loris Reise nach Mexiko -und auch das Ende. Dazwischen erzählt Josef Zoderer in seinem Roman „Das Schildkrötenfest” die packende Geschichte des „amour fou”, einer schicksalhaften Liebe, zwischen dem Helden und Nives, einer Frau, die er im Bus kennenlernt. Zu Beginn möchte Loris eigentlich seine Buhe, er setzt sich neben Nives und sie teilen „ein angenehmes Schweigen, oder ein stummes, sparsames Reden von Leuten, die ein unausgesprochenes Einverständnis verband”.
Dieses eigenartige Gefühl der Vertrautheit bewegt Loris dazu, doch ein Gespräch zu beginnen. Zunächst sieht alles wie der Beginn einer Liebe aus, doch am Morgen der ersten Nacht ist
die Schöne verschwunden. Die klare, poetische und doch detailreiche Beschreibung der Gedanken und Situationen läßt den Leser mitleben, die drückende Hitze wird spürbar, man erlebt geradezu die Landschaft und die Schwingung jedes Moments.
Die Reise geht weiter und Loris hätte sich bald wieder in seine selbstbezogene Ruhe zurückgezogen, wären da nicht diese Nachrichten von ihr gewesen: ein Brief, die Anspielung einer Senora, ein Friseur, der Grüße ausrichtet. Und dann taucht sie wieder auf. Die rasche Abfolge der Ereignisse und die Reisepläne des jungen Mannes treiben die Handlung an und machen sie kompakt. Nives warnt Loris vor seinen Freunden, doch die mit einer eindringlichen Intensität beschriebene Ambivalenz zwischen Nähe und Ferne, die ihr Verhältnis kennzeichnet, treibt die Handlung
unerbittlich weiter, und nach einer Auseinandersetzung fährt Loris ohne sie ans Meer.
Die Anziehung, die beide füreinander empfinden, führt sie jedoch wieder zusammen, bis auf einem Dorffest - dem Schildkrötenfest - die Handlung zum Einbruch der politischen Gewalt und zum Höhepunkt kommt.
Der Umfang und die kurze und lineare Handlung verleihen dem Werk eigentlich den Charakter einer Erzählung. Die klare, bündige und doch so poetische Sprache macht das neue Buch des mit internationalen Preisen ausgezeichneten und in mehrere Sprachen übersetzten Autors zu einem packenden Leseerlebnis erster Güte.
