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Es dunkelt schon in der Heide, doch es

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Es ist dunkel geworden. Ich sitze bei der Leselampe. Im J Raum ist es still. Nur aus der Feme hört man immer wieder das. Aufheulen der Motoren, ein Knattern und Brummen. Es ist da in der Heide, in einem aufgelassenen Steinbruch, ein Stück unebenes Gelände auf dem eine Horde Mopedfahrer ihre Krafträder hügel-auf und hügelab jagt. Hinter mir die Wand mit den Büchern. Ich brauche mich nicht umzuwenden; Da steht Marcel Prousts „Die Suche nach der verlorenen Zeit", dort Thomas Manns. „Der Tod in Venedig". Und dort drüben stehen die schmalen Lyrikbände. Paul Celan fällt mir ein, die La-vant, die Bachmann.

Der Tod ist ein Meister aus Deutschland.

Die Motoren heulen auf Es knattern die Fehlzündungen. Im

Raum hinter mir ist es still. Es ist später Abend. Ich beobachte bei der Leselampe einen Nachtfalter, der am Pergamentpapier des Lampenschirmes gelandet ist.

Einer der Nachbarn war heute gekommen. Er hatte sich ein Gartengerät ausgeborgt und war ins Plaudern gekommen, hat vom Krieg und der Gefangenschaft erzählt; hat erzählt, daß sie drüben, in dem riesigen Camp in den USA alles selbst verwalteten, daß es ihnen gar nicht schlecht gegangen war und nur einer es nicht überstanden hat. Ein Verräter, der den Feinden die deutschen Positionen im Krieg durchgegeben hatte. Er vrarde von den anderen Lagerinsassen zum Tode verurteilt und hingerichtet, mit einem Gasrohr erschlagen. Die Amis führten dann eine Pro-forma-Untersu-chung durch. Einer der Bewacher aber sagte es den Deutschen: Wir heben den Verrat, aber nicht den

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