Todgeweiht im Getto

Wie sag’ ich’s meinem Kind? Wie kläre ich es auf? Die Frage stellt sich nicht nur in der Sexualpädagogik. Sie stellt sich ernst und entscheidend jenen Eltern und Erziehern, die die heranwachsende Generation über die bitteren Wahrheiten der Zeitgeschichte informieren wollen. Ein gutes Jugendbuch müßte auch imstande sein, die unbewältigte Vergangenheit anzuschneiden. Die Gefahr eines Schocks ist nicht so groß, wie man gerade bei solchen Themen oft glaubt. Die Jugend ist nicht zimperlich. Sie verträgt Realitäten. Man kann ihr auch die schreckliche Geschichte des Warschauer Gettos erzählen.

Winfried Bruckners Buch ist einer der ersten Versuche in dieser Richtung. Der Autor schreibt den flüssigen Stil der sogenannten Tat- Sachenromane. Persönliche Schicksale im Getto werden lebendig, das unpathetische. Heldentum junger Menschen, Liebe und Lächeln unter Tränen der Verzweiflung. Die Zeichnung ist nicht schwarzweiß. Die Deutschen sind nicht durchweg Bestien. Schuld und Mord aber haben ihre Namen.

So leistet dieses Buch einen Beitrag zur Gewissensbildung. Freilich nur bis an eine Grenze, die der Christ überschreiten muß. Das Erlösungsgeheimnis der Verzeihung fehlt auf diesen Seiten. „Die Wunden, damals geschlagen, dürfen niemals heilen “, heißt es im Vorwort. Wenn dem so ist, wird die Welt niemals Frieden finden.