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Verbrechen am Rande

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RUSSISCHE KRIMINALGESCHICHTEN.

Herausgegeben und übersetzt von Johannes von Guenther. Fischer Bücherei, 1962. 206 Seiten. Preis 2.40 DM.

Zunächst eines: die Russen wären keine Russen, würden sie Kriminalgeschichten im westlichen Sinn schreiben. Unter Kriminalgeschichten stellt man sich Schilderungen von Untaten vor, wobei mit dem Täter urteilend und meist verurteilend umgegangen wird. Bei den Russen, vom Menschen wie vom Erzählen gleich stark fasziniert, fällt die Sache nicht so platt aus. Ihre Geschichten sind aus anderem Stoff gemacht, aus Erde und Blut, aus Gefühl und Liebe zum Detail, aus Naturwalten und Menschenschicksal. In einer Erzählung, wie der „Mord“ von Tschechow, interessiert das Verbrechen, diese Abstraktion, eigentlich überhaupt nicht. Es dreht sich nicht um analytische Begriffe wie Tat, Folge und den ganzen Rattenschwanz von leblosen, farblosen Gestalten. Auch von Verbrechern wird nicht gehandelt, sondern es dreht sich um Menschen, oft sehr schrullige, eingewoben in Natur und Landschaft Rußlands, von denen einer ein Verbrechen begeht, Schuld auf sich lädt, dessen Sühne aber mehr Schicksal als persönliche Tragik' ist. Doch auch die komische, lebensfreudige Seite, die sich jenen Existenzen abgewinnen läßt, die das Licht meiden, weil sie sich im Schatten ganz einfach pudelwohl fühlen, kommt nicht zu kurz. Nicht bei allen Dichter ist die Auswahl geglückt. Von der Mitte des Buches an jagt dafür eine gelungene Erzählung die andere.

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