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Wittgensteinsche Weltauffassung

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Die bizarre Todeslust, die in ein „suizidales Gesamtkunstwerk" mündet, ist charakteristisch für Paulus Hochgatterers neuen Roman.

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Die bizarre Todeslust, die in ein „suizidales Gesamtkunstwerk" mündet, ist charakteristisch für Paulus Hochgatterers neuen Roman.

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Ein Chirurg, ein Schriftsteller und eine Psychoanalytike-Jrin: daß die Hauptfiguren von Hochgatterers Roman „Über die Chirurgie" die Berufe des Autors ausüben, hat nichts mit autobiographischem Schreiben, wohl aber mit souveräner Handhabung der Fakten, mit denen hier ein lu-zides, ironisches und erzähltechnisch genau kalkuhertes Spiel getrieben wird, zu tun. Und Fakten haben es dem Erzähler - angetan: kaum ein Roman, in dem sich so viele präzise Orts-, Datums- und Zeitangaben, Produktbezeichnungen und Markennamen finden. Dieser eloquent inszenierte Wirbel von Realitätspartikeln ist der wirkungsvolle Kontrast dazu, daß alles aus den Fugen gerät.

Bald wird deutlich, daß es nicht nur um Satire geht - obwohl sie ohne Plattheiten gelingt -, sondern um die Parallelität des Spiels, in dem Schriftsteller, Analytikerin und Chirurg gefangen sind. „Die ganze Welt ist meine Tautologie", notiert der Autor.

Fünf Anläufe nimmt der Roman, die der Hauptteil entfaltet und der Schluß spiegelverkehrt wieder aufnimmt. Viel österreichische Erzähltradition kommt zutage, aber spannend und eigenständig weitergeführt.

Auen mythologische Bilder prägen den Text. Zentraler Schnittpunkt "aber ist die Gleichung von Analyse und Operation, und diesem sezierenden Zugriff ist auch der Erzählduktus selbst ausgesetzt, der voller vertrackter Selbstverweise und Rückbezüge steckt und in viele Fragmente zerspHttert ist. „Sie sind also der Meinung, daß Chirurgie etwas mit Kunst zu tun hat?", fragt die Therapeutin.

Das Buch hat jedenfalls mit Kunst zu tun, mit methodenbewußter Enähllcunst, die den Leser in interessante Ratlosigkeit stürzt. Eine Prosawelt voller Widerhaken, ein fulminantes Lebenszeichen des österreichischen Romans.

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