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Dietlind Antretters Liebesgeschichten.

Dietlind Antretter hat ihr literarisches Debüt bei den diesjähringen Rauriser Literaturtagen präsentiert, die unter dem Motto "Worte und Orte" standen, also der Frage nachgingen, welche Bedeutung konkrete geografische oder ideelle symbolische Orte für das Schreiben der eingeladenen Autorinnen und Autoren hätten. Dietlind Antretters Biografie ist jedenfalls von oftmaligen Ortswechseln geprägt. 1961 in Salzburg geboren, war sie zehn Jahre lang Regieassistentin, Dramaturgin und Produktionsleiterin von Luc Bondy, für den sie in Europa, Amerika und Japan arbeitete. Seit ein paar Jahren lebt sie in Kalifornien und Südfrankreich.

Kein Wunder, dass diese Reisen ihre Spuren auch in den vorliegenden acht "Liebesgeschichten" hinterlassen haben. Doch ob Frankreich oder Kalifornien: heimisch sind die Figuren, wenn sie sich nicht ohnehin nur auf der Durchreise befinden, dort nicht. Ihre Koffer werden sie gegebenenfalls schnell wieder packen und ebenso unbehaust und heimatlos sind die Figuren auch in ihren Liebesbeziehungen, vermeintliche Geborgenheit ist nur eine Illusion, sichere Häfen gibt es nirgendwo.

Die Autorin zeigt die Liebe im Wandel der Zeit; alles ist "wie immer", aber doch schon lange nicht mehr so, wie es einmal war - wenn es denn überhaupt so war, wie sich die Protagonisten ihre Vergangenheit in der persönlichen Erinnerung zurechtgebogen haben. Die Autorin setzt an einem Punkt ein, an dem das obligate "Happy end", mit dem Liebesgeschichten in der Trivialliteratur zwingend enden, schon lange zurückliegt. Zwei habe sich einmal gefunden - oft unter dem Eindruck einer älteren, größeren, unglücklich verlaufenen früheren Liebesbeziehung -, doch die Liebe hat ihren Zenit schon lange überschritten und befindet sich am absteigenden Ast. Dieser unter der täglichen Routine fast unbemerkte Prozess des "Entliebens" wird vor allem den Frauen in Antretters Geschichten aufgrund kleiner Irritationen, meist "Irrwege des Begehrens", ganz plötzlich bewusst. Ohne Partei für ihre Figuren zu ergreifen, schildert die Autorin in sehr fein gearbeiteter, nuancenreicher Prosa diese Bewusstwerdungsprozesse, wobei sie offen lässt, ob daraus auch Konsequenzen gezogen werden. Von den vorkommenden Männern wohl eher nicht, die mit dem Status quo zunehmender Gleichgültigkeit, außerehelicher Verhältnisse etc. scheinbar ganz gut leben können.

Um innovative Literatur handelt es sich bei Dietlind Antretters Geschichten sicher nicht und es ist auch fraglich, ob die Autorin den Atem für eine längere Erzählung oder einen Roman finden wird. So erweist sich gerade bei der ersten und längsten der acht Geschichten doch deutlich die Handlungsarmut als Mangel. Durchaus beachtlich ist hingegen - und hier zeigt sich die Theaterpraxis der Autorin - die Gestaltung der Dialoge, wobei sich wieder einmal die gemeinsame Sprache als Quelle aller Missverständnisse zwischen Mann und Frau erweist. Über so Persönliches wie Gefühle wird ohnehin kaum gesprochen, weshalb das Wesentliche meist ungesagt bleibt und sich nur dem Leser erschließt.

Melancholie und leise Ironie gehen in Antretters Liebesgeschichten eine angenehme Verbindung ein und manche der geschilderten Situationen und Selbsttäuschungsmethoden könnten dem Leser durchaus vertraut erscheinen. Ideal für eine kürzere Zugfahrt, das Nachtkästchen oder den Strand!

Immer wie immer

Liebesgeschichten von Dietlind Antretter

Haymon Verlag, Innsbruck 2005

192 Seiten, geb., e 17,90

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