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Herder — Hölderlin — Hymnen

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HERDER UND DIE DEUTSCHE AUFKLÄRUNG. Von Emil Adler. Aus dem Polnischen von Irena Fischer. Europa-Verlag Wien-Frankfurt-Zürich, 402 Seiten, 8 185.—. — STUDIEN ZUR DICHTUNG DES ABSOLUTEN. Von Bernhard Böschenstein.

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HERDER UND DIE DEUTSCHE AUFKLÄRUNG. Von Emil Adler. Aus dem Polnischen von Irena Fischer. Europa-Verlag Wien-Frankfurt-Zürich, 402 Seiten, 8 185.—. — STUDIEN ZUR DICHTUNG DES ABSOLUTEN. Von Bernhard Böschenstein.

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Atlantis-Verlag, 162 Seiten, Fr. 26.—. HOLDERLINS RHEINHYMNE. Von Bernhard Böschenstein. Atlantis-Verlag. 158 Selten, Fr. 19.—.

Die zeitlichen und geistigen Grenzen der deutschen Aufklärung schwimmen. Der Warschauer Germanist Emil Adler faßt sie schärfer in den Griff und datiert sie nicht herkömmlich von Christian Thoma- sius bis Herder, sondern, wohl in Anlehnung an sowjetische Literaturgeschichtschreibung, die Goethe zu den Aufklärern zählt, von 1732 bis 1832, also genau in ein Jahrhundert., Ądler kennt die Ahnen der Aufklärung, die französische Revolution und den pantheistischen Herder, aber auch — Fichte, Schiller, Goethe und Heine (!) sowie einige Satelliten.

Dann aber, wenn es gilt, Herders führende Ideen, seine Geschichtsphilosophie und seine Humanitätsidee, zusammenzufassen, können wir beim besten Willen nicht mehr mit. Nicht vielleicht, daß wir uns an der besonderen Herausarbeitung von Herders Antichristentum und seinem wütenden Antipreußischen stoßen — sie sind evident! —, aber Herders Visionen von der führenden Herrschaft der Slawen auf heutige Verhältnisse hin fast hymnisch zu aktualisieren, geht nicht an und läßt nur zu gut bekannte Mißtöne laut werden. Adler (Seite 338): „Die Slawen werden die von den Römern und Germanen nicht erfüllte Mission zu Ende führen und werden die Menschheit zur Humanität bringen“ Seite 339: „Die Slawen werden an der Spitze der Völker schreiten.“ Ganz wohl ist dem Autor bei dieser Prophetie nicht denn er schränkt sofort ein: .Diese Idee von der Führerschaft der Slawen unter den Völkern der Erde, obwohl sie nicht als politische Deklaration gedacht sondern vielmehr in poetischer Inspiration ausgesprochen war, spielt in der slawischen Bewegung eine bedeutende Rolle und weckte bei manchen Völkern messianische Ideen, die unter Umständen sogar Herders Absichten entgegengesetzt waren und der Panslawistischen Bewegung zugrunde lagen.“

Herders (ästhetische!) Slawophilie und demnach das große Echo seiner Humanitätsideen bei den slawischen Völkern sind nicht neu. Daß diese ausgerechnet bei den Tschechen und Russen auf besonders fruchtbaren Boden gefallen sind, entlockt uns Heutigen ein bitteres Schmunzeln.

Der Schweizer Germanist Böschenstein ist Hölderlin-Kenner wie kaum einer. So führen die ersten zwölf Aufsätze von Hölderlin und Jean Paul, vom theologisch begründeten Absoluten der Dichtung bis zu Stefan George und Trakl, dem ästhetisch begründeten Absoluten der letzten Jahrhundertwende. Die Zusammenschau reicht darüber hinaus bis Celan und Bobrowski.

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