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Chinesische Trilogie

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Die kleine Tochter des amerikanischen Missionars Sydenstrikker sitzt mit ihrer chinesischen Kinderfrau, irgendwo im unendlichen chinesischen Raum, in einem dämmerigen Zimmer. Sie lauscht gespannt auf deren Erzählungen: Götter und Dämonen, Soldaten und Mandarine, Bauern und Kaufleute, Mönche und Räuber wechseln sich darin ab in bunter Folge. Vielleicht sind es nur Gebilde der Phantasie eines einfältigen, ungebildeten Weibes, aber entsprossen aus leidvollen, vererbr ten Erfahrungen einer uralten Nation sind sie in sich selbst wahr. Später erlebt die kleine Pearl Sydenstrikker, mit ihren Eltern bewußt Nord- und Südchina, sie besucht in Schanghai die Schule, heiratet schließlich selbst einen Chinamissionär und heißt nun Pearl S. Buck. Aus ihrem jahrelangen Miterleben entsteht ein schriftstellerisches Werk nach dem anderen, alle dem Lande gewidmet, das ihr mehr erste, als zweite Heimat ist. An seiner Spitze die gewaltige Trilogie, die hier erstmals in einem Bande gesammelt vorliegt: „Die gute Erde“, „Söhne“ und „Das geteilte Haus“, zuerst (1932) mit dem Pulitzer-Preis, später (1938) mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Die Erde — immer wieder die Erde ist es, die das Leben der überwiegenden, typischen Mehrheit des chinesischen Volkes bestimmt. Sie vergilt dem Geduldigen schließlich ja doch seine Mühen, wenn nicht abseitige Gewalten den natürlichen Ablauf von Saat und Ernte, Mißwachs und Segen stören. Diese „gute Erde“ bestimmt auch das Schicksal der Familie Wang. Sie verhilft dem ersten, Wang Lung, zu seinem Aufstieg, sie bleibt der Rückhalt der Familie, als sich die zweite Generation: Wang der Kaufmann und Wang der Tiger, ihr entfremden. Die Zeit des (national-) revolutionären Aufbruchs kommt indessen herauf — in die ewiggleiche Problematik des altchinesischen Lebensablaufs treten neue, westlerische Spannungen. Aus der Lehmhütte Wang Lungs, der „guten Erde“ budistäblicb entformt, wird das „geteilte Haus“, in dem sich die Begriffs-welt des Westens und die Chinas gegenüber-' stehen. Die „Gute Erde“ heilt schließlich alles, zieht es in ihren naturgegebenen Einfluß, ordnet es sich ein. Wang Yuan, der „Dritte“, findet die Synthese zwischen alt und neu. Bauer in einem neuen Geist. Diese Trilogie, die, längst in alle Sprachen übersetzt, über die Erde gegangen ist, hat bereits ihren Platz in der Weltliteratur. Die überaus geschmackvolle Ausstattung gibt dem Band etwas Festliches.

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