Die Farben dazwischen: "Das Geheimnis ist blau"

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Unser Lektorix des Monats.

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In der Buchstabenwelt der Literatur ist das Bilderbuch farbgebendes Genre: Nicht nur bringt es die Farbe als Gestaltungselement mit ein, sondern thematisiert darüber hinaus gerne die Vielgestalt des Farbspektrums -man denke nur an Jutta Bauers "Die Königin der Farben" und deren wilden Ritt über das Rot. Dem markanten Laut und Leise von Bauers Farbwahl setzt die österreichische Lyrikerin Elisabeth Schawerda in mehrfacher Hinsicht Zwischentöne entgegen: "Zwischen Blau und Grün /schwebt es her und hin, / das leuchtende Türkis."

Als farblicher Grenzfall hält das Türkis die Dinge ebenso in Schwebe wie die Mischfarben Lila oder Rosa. Diesem Schwebezustand wird nachgespürt, indem die Spracherprobung farblicher Erscheinungsformen Hand in Hand geht mit der Erprobung des Wortklangs: "Von schönstem Gelb sind, wenn das Wetter / kühl im Herbst wird, Ahornblätter. / Wie ein Zauberteppich liegen sie /herb duftend auf den Wegen in der Früh." Einen Widerhall der Worte, den sie in einem ihrer zuletzt erschienenen Lyrikbände für Erwachsene in der Nymphe Echo verbildlicht hat, lässt Elisabeth Schawerda nun im kinderlyrischen Bereich mithilfe der Wiederholung und Variation entstehen: "Die Orangen sind orange /auf dem Orangenbaum. / Doch die Birnen sind nicht birn /auf dem Birnbaum."

Durchlässig und leicht

Die Leerstellen dieser sprachlichen Askese (wie Elisabeth Schawerda selbst das Verlangen nach dem Schreiben von Lyrik einmal benannt hat) greift Helga Bansch in ihren Illustrationen auf; mit jedem Gedicht eröffnet sich eine neue, eigenständig gestaltete, doppelseitige Bildwelt. Den optischen Effekt der Farben fängt Helga Bansch dabei im Haptischen auf; doch auch sie schafft nie Klarheit, sondern formuliert bildlich ein Dazwischen, indem sie Papiere übereinanderlegt und Transparenteffekte herstellt, altes und bedrucktes Papier collagiert, übermalt und nur scheinbar deckende Farbflächen herstellt: Stets verbirgt sich darin und/oder dahinter ein Mehr an Details. Diese Durchlässigkeit korrespondiert mit der Leichtigkeit der Figuren (vielen von ihnen ist ein Ballon an die Hand gegeben). Als eine Bildkonstante im Arrangement zahlreicher kleiner Figürchen taucht immer wieder eine Kinderfotografie auf. In einige der Bilder collagiert verleiht sie dem in seiner Gestaltung höchst zeitgemäßen Bilderbuch jene Zeitlosigkeit, für die auch das titelgebende Geheimnis steht: "Das Geheimnis ist blau / und hat einen lila Rand. / Keinem einzigen Menschen /ist es bekannt."

Das Geheimnis ist blau
Von Elisabeth Schawerda und Helga Bansch
Wiener Dom-Verlag 2011. geb., € 14,90

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