Lektorix.jp - © Illu: Rainer Messerklinger

„Ich sage Hallo und dann NICHTS“: Ein Buchstabe genügt

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Ein poetischer und doch nahbarer Jugendroman von Lilly Alxster über eine besondere Freundinnenschaft.

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Ein poetischer und doch nahbarer Jugendroman von Lilly Alxster über eine besondere Freundinnenschaft.

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„Zineb identifiziert sich immer abwechselnd mit denen, die sich vor lauter Tragik von allen Brücken dieser Welt stürzen wollen, und mit jenen, die so verliebt und glücklich sind, dass sie vergessen, zu frühstücken und aufs Klo zu gehen. Ich zähle mich weder da noch dort dazu.“

Mit den für die Phase der Adoleszenz typischen identitätssuchenden Bewegungen, den damit einhergehenden Verortungen und oft spielerisch erprobten Inszenierungen hat Jecinta wenig am Hut. Das ewige Dazwischensein – sowohl in Bezug auf ihr Alter (kein Kind mehr und doch noch nicht erwachsen) und ihre Familie (das mittlere von drei Geschwistern) als auch mit Blick auf ihre sozialen Beziehungen (in Konfliktsituationen kann sie sich nur schwer positionieren) und kulturellen Bezugspunkte (die sich zwischen Afrobeats und Deutschrap, Kinderfilmen und Horrormovies bewegen) – hat sie satt. Daher fasst sie einen Entschluss: „Ab heute bin ich NICHTS. Ich will nirgends mehr dazugehören. Ich tu nichts mehr von dem, was alle tun […]. Ich brauche das alles nicht. Ich spiele nicht mehr mit.“

Nicht nur das Gewand wandert daraufhin kurzerhand in die Altkleidersammlung – und wird durch willkürlich Herausgefischtes ersetzt –, auch der Name wird auf einen Buchstaben reduziert: J. Wie Jay.

Mit präziser und feinfühliger Erzählkunst entwirft die österreichische Buch- und Theaterautorin Lilly Axster, die für ihr literarisches Schaffen dieses Jahr mit dem Christine-Nöstlinger-Preis ausgezeichnet wurde, in „Ich sage Hallo und dann NICHTS“ eine Figur, die sich gesellschaftlichen Zuschreibungen und Erwartungen von außen zu entziehen versucht. Wie ein Navigieren zwischen gesellschaftspolitischen Positionierungen, inneren Vielheiten und selbstbestimmtem Ich-Sagen bzw. -Sein im Spannungsfeld unserer heutigen Gesellschaft gelingen kann, wird in dem Text nicht nur auf inhaltlicher, sondern auch auf metareferenzieller Ebene verhandelt. Das Gesagte wird dabei von polyphonen Zwischentönen ergänzt, die unter anderem von jener vielschichtigen Figur stammen, die Jay zur Seite gestellt wird: Leo ist neu an der Schule und in Jays Klasse. Ihr Markenzeichen: eine gelbe Jacke.

Diese ist aber auch schon wieder das Einzige, das die vielen Stimmen Leos (ver-)eint. Wie sich die besondere Freundinnenschaft zwischen Jay und Leo entspinnt und entwickelt, erzählt der poetische und doch nahbare Jugendroman auf differenzierte und berührende Weise.

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