Mit Blüten und Blättern

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Unser Lektorix des Monats.

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Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf: So kann man heißen. Oder genauer gesagt: So kann man sich nennen, wenn man als Hauptfigur eines Kinderbuchs auftritt, das so ver-rückt und verdreht ist wie sein Handlungsort - die Villa Villekulla. Umgeben ist diese Villa Kunterbunt (so deren deutschsprachiger Name) von einem verwilderten Garten, dessen genauere botanische Beschaffenheit man nicht kennt, in dem aber vielleicht (zumindest zur entsprechenden Jahreszeit) ein Moosglöckchen blüht. Der schwedische Name dafür wäre Linnéa.

Frühlingshaft Erstrahlendes zu entdecken, bedarf jedoch der Verlangsamung - und gleicht damit dem Akt des Lesens und der Bildbetrachtung, denn literarische und künstlerische Benennungen erfolgen im Vergleich zum geschäftigen Alltag in einer ganz anderen Geschwindigkeit und Intensität. Die Illustratorin Linda Wolfsgruber nimmt solche Benennungen in ihrem neuen Bilderbuch wortwörtlich vor, wenn sie in eine florale Wunderwelt entführt, in der Mädchennamen aus aller Welt als Blumennamen erkannt und ausgedeutet werden: "Ianthe ist eine purpurrote Blume" und ein griechischer Mädchenname, "Zahra Sahara ist eine Wüstenblume" und ein arabischer Mädchenname, "Mirte ist eine Myrthe" und ein niederländischer Mädchenname, "Soley ist ein Hahnenfuß" und ein isländischer Mädchenname.

Botanisches Schnittmuster

Gut zwei Dutzend Blüten und Namen werden aufgenommen und künstlerisch als eine Art botanisches Schnittmuster präsentiert - denn zuallererst übernimmt Linda Wolfsgruber in ihre illustratorische Gestaltung die Kreativtechniken des Nähens: Modeentwürfe, Nähte, Stoffdrucke und Schnittbögen mit ihrer Variation von Linien werden grafisch und malerisch nachgestaltet und die Mädchenfiguren zum Teil mit den Blüten und Blättern bekleidet. Nicht die Hochglanzästhetik eines Modemagazins sorgt dabei für die ästhetische Vorgabe, sondern die Antiquiertheit eines Herbariums, in dem besonders zerbrechliche Fundstücke ihren ganz besonderen Platz finden. Zart und fragil werden die Mädchenfiguren in den Bildraum gestellt - bis hin zu Jasaman, dem persischen Jasmin-Mädchen, das einer Elfe gleich auf Transparentpapier skizziert und von roten Blätterranken überdeckt wird. Kaum wagt man umzublättern, um keine der Blüten zu beschädigen - selbst die forsche Erika zeigt sich in ihren Gummistiefeln und ihrer spärlichen Heidekrautbedeckung noch zartbeseelt. Und Linda Wolfsgruber zeigt einmal mehr, wie nachhaltig sie im kunterbunten Garten der Kinderliteratur künstlerische Akzente zu setzen vermag.

Daisy ist ein Gänseblümchen

Von Linda Wolfsgruber

Jungbrunnen 2009

32 S., geb., e 14,30

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