Nachtgestalten: "Gute Nacht, Theo" von Marie-Louise Gay
"Gute Nacht, Theo", unser Lektorix des Monats.
"Gute Nacht, Theo", unser Lektorix des Monats.
Ihr besonderes Kennzeichen ist das leuchtend rote Haar: Die aufgeweckte Sophie hat Bilderbuch-LiebhaberInnen bereits durch mehrere Jahreszeiten begleitet ("Sophie und das weite Meer", "Sophie und der erste Schnee") - stets assistiert von ihrem Bruder Theo. Noch ganz Kleinkind hat sein Blick den Wundern einer unbegreiflich vielfältigen, fast zauberhaften Kinderwelt gegolten. Scheinbaren Nebensächlichkeiten ist das Kerlchen mit dem wirren Blondhaar mit den wahrhaft großen Fragen ans Leben begegnet: "Können Schnee-Engel fliegen?"
Nun steht Theo selbst im Mittelpunkt und setzt (nach "Guten Morgen, Theo") wieder die bestimmenden Akzente; Sophie folgt ihm nur widerwillig, denn sie möchte längst schlafen. Nur: Theo kann nicht einschlafen, zu viele Unsicherheitsfaktoren gefährden seine Nachtruhe. Die in fast geometrischer Strenge verlaufende Bildfolge inszeniert dabei mitnichten Nachtgespenster, sondern ermöglicht die vorsichtige Erkundung einer durch das Mondlicht verwandelten Wohnung. Anlass gibt die Suche nach Fred, Theos Hund, der unauffindbar ist, aber als Einschlafpartner dringend benötigt wird. Er ist eines jener für das Bilderbuch typischen Zwischenwesen: Projektionsfigur für das Kind einerseits und Lustobjekt genauer Bildbetrachtung andererseits. Denn natürlich hat die Illustratorin Fred in jede Doppelseite gewitzt integriert.
Solche Details setzt Marie-Louise Gay in ihren Aquarellen nur sparsam ein - dafür mit umso genauerem Blick für all das, was sich am Rande eines Kinderzimmers abspielt. Der besondere Rhythmus, der Theos und Sophies Erkundungen einer in sich geschlossenen Kinderwelt prägt (noch nie war ein Erwachsener in einer der Geschichten zu sehen), bestimmt auch die Wahrnehmung der Geschichte: Mit jedem Umblättern folgt man den Kindern einen Schritt weiter und verlangsamt oder beschleunigt das Geschehen durch die eigene Lesegeschwindigkeit.
Ein Buchtipp von STUBE, Institut für Jugendliteratur und DIE FURCHE
Gute Nacht, Theo
Von Marie-Louise Gay
Aus dem Engl. von Sophie Birkenstädt
Verlag Carlsen, Hamburg 2003
24 Seiten, geb., e 10,20