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Protokoll einer Selbstfindung

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Drogen, Demos, sexuelle Befreiung, Bevolution, nichts von dem, was 1968 Deutschland erschütterte, ließ Katharina Blasberg, genannt „Cat”, aus. Doch alles verblaßt vor der großen Liebe zu Bren-dan, dem IBA-Mann aus Belfast. So etwa charakterisiert der Verlag Barbara Darius' Boman „Die sieben Leben der Katharina Blasberg”, und so ähnlich, flockig und schnoddrig, geht es darin auch zu.

Mehr als einmal bewirkt die bemühte Originalität der Sprache, von der sich die Autorin, die unverkennbar eigene Erfahrungen eingebracht hat, auch an ernstgemeinten Stellen nicht löst, schlicht Übersättigung. Es braucht Geduld, um dahinter die warmherzige, interessante Frau zu entdecken, die mit großer Scheu vor sentimentalem Tiefsinn ihre Selbstfindung protokolliert. Erzählt wird aus dem Blickwinkel der reifen Frau. Darius' alter ego Katharina Blasberg ist, mit einer fiktiven Identität als Wirtin ausgestattet, wie sie selbst Mitte Vierzig. Zurückgekehrt ins Bheinstädtchen Himmelgeist, wo sie ihre Kindheit verbrachte, stemmt sich die Chefin einer Reibekuchenkneipe mit Temperament und Humor den Alltagswidrigkeiten entgegen.

Liebevoll wird die kleine Gemeinschaft an ihrer Seite beschrieben: die Mutter Clara, die es nicht lassen kann, die erwachsene Tochter zu erziehen, die resolute Köchin Blocksiepen und besonders ihr verständnisvoller Lebensgefährte Clemens, ein verkrachter Musiker, mit dem sie abends den Gästen die Lieder der Beatles und der Stones vorträgt. Etwas vom Lebensgefühl der wilden sechziger Jahre durchströmt dann das kleine Lokal. Doch meist sind es kleine Anlässe, Bemerkungen, Gesten, die in Katharina die Erinnerung wachrufen.

Zwischen Gegenwart und Vergangenheit wechselnd, führt die Autorin den Bogen weit zurück. Humorvoll erzählt sie vom Frühlingserwachen des aufmüpfigen Blumenkindes und läßt das Bild der Jugendbewegung entstehen, mit der Heldin immer mitten im Geschehen. Am besten sind die frühen Episoden gelungen, etwa die, in der sich Cat den mit beißendem Humor charakterisierten Maoisten anschließt, oder der Kleinkrieg mit einem wildgewordenen Kleinbürgsr. Doch immer befremdlicher wird der Erzählton. Ob sie eine Ferienaktion für Kinder aus dem irischen Bürgerkrieg startet, ob der in sie verliebte und abservierte Nachbarssohn Selbstmordversuche unternimmt, für die coole Cat ist alles ein Spiel. Eine Ausnahme ist die berührend beschriebene Liebe zu Brendan, doch fragt sich die Bezensentin, warum eine Frau in der Mitte ihres Lebens so altersweise auf ihre Jugend blicken muß.

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