Skateboard - © Foto: Pixabay

Teenage-Girl im Skatepark

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"Kurz vor dem Rand": Ein Buch über eine Subkultur, romantische Liebe und Basishass.

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"Kurz vor dem Rand": Ein Buch über eine Subkultur, romantische Liebe und Basishass.

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Skateboarden. Eine Subkultur, einst sehr negativ behaftet, ist aus dem Stadtbild kaum wegzudenken: Ob als über Hindernisse fliegende Bretter oder das typische Geräusch, das erklingt, wenn Wheels über Asphalt und Pflastersteine rattern. Das Geräusch, das auch das Herz von Protagonistin Ari schneller schlagen lässt. Mit der namensgebenden Prinzessin Arielle, die ihre lange Zeit von der Bildfläche verschwundene Mutter liebte, hat sie hingegen nicht viel gemein. Nicht nur, dass sie nicht versteht, wie frau für einen Prinzen ihre Stimme aufgeben kann, ganz grundsätzlich hat sie mit den patriarchalen Strukturen des Films – und der Gesellschaft – nichts am Hut. Stattdessen wird sie von der Autorin Eva Rottmann, die selbst leidenschaftlich ihre Füße aufs Deck stellt, als eine Figur gezeichnet, die an vielen Genderstereotypen vorbeischrammt, diese kritisch aufgreift und dekonstruiert. Ganz der Atmosphäre des Skateparks – auch auf der sprachlichen Ebene – gleichermaßen wie einer jugendlichen Lebensrealität verhaftet, nimmt auch das Verliebtsein einen zentralen Stellenwert ein; das gelingt aber erfreulicherweise abseits von Kitsch. Vielmehr reflektiert Ari in 14 Tagen, entlang derer der Roman retrospektiv erzählt wird, wie es dazu kommen konnte, dass sie sich überhaupt in Tom verliebt, der meint: Man braucht einen gewissen Basishass, um zu skaten. Er ist rücksichtslos, neu in der Stadt, hat Ecken, Kanten und irgendetwas Geheimnisvolles, das sich erst am Ende offenbart. Die besondere Tagebuchform ermöglicht eine Innenperspektive, die in zynischem Ton keinen Hehl daraus macht, dass es Ari gleichgültig ist, was ihr Umfeld von ihr hält. Zumindest dachte sie das. Zunehmend beginnt sie damit zu hadern, dass ihre Skaterkumpels sie nicht als Mädchen, als potenzielle Freundin oder attraktiv sehen. Umstände, die sie selbst mit Gerüchten und queerem Ausprobieren genährt hat. Als Tochter, Freundin, Verliebte und Skaterin sieht sich Ari mit Fragen der Selbstidentität konfrontiert, die durch das hilflose Gefühl des Verliebtseins noch intensiviert werden. Zwischen all dem finden familiäre Dynamiken, gesellschaftspolitische Themen wie Armut sowie psychische Krankheiten ihren Raum und charakterisieren Aris heterogenes Umfeld. Die romantische Liebesgeschichte wird dabei nicht auserzählt. Vielmehr gelingt es Rottmann, durch gemeinsame Mutproben und stille Momente abseits des Skateparklärms, die (Nicht-)Beziehung der beiden zu beschreiben, in der sich Ari auch ein Stück weit selbst besser kennenlernt.

LEKTORIX ist der Buchpreis von FURCHE, Stube und Institut für Jugendliteratur.

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