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"Polizeiliches Handeln in einer multikulturellen Gesellschaft" und seine literarischen Blüten.

Tandem ist Teil eines Lehrgangs für ExekutivbeamtInnen, der "Polizeiliches Handeln in einer multikulturellen Gesellschaft" zum Thema hat. An fünf Abenden treffen einander in der VHS Favoriten in Wien bis zu 25 Menschen aus den verschiedensten Bereichen der Polizei und eben so viele Migranten. Am ersten Abend werden die Tandem-Paare mit je einem Beamten und einem Migranten gebildet, wobei vertrauensvoll dem Zufall die Regie überlassen wird: Jeder Teilnehmer erhält die Hälfte einer Postkarte und muss sich auf die Suche nach der fehlenden Hälfte begeben.

Der vorliegende Band stellt sieben dieser Paare vor. Als Porträtisten wurden sieben Schriftsteller engagiert, die mit spürbarer Begeisterung am Werk sind.

So nimmt sich z.B. Dimitré Dinev der Geschichte von Nizam Chowdhury und Andreas Polacek an. Der Name "Nizam" kommt aus dem Arabischen und bedeutet Ordnung; "Polacek" heißt übersetzt "kleiner Pole". Nizam stammt aus Bangladesh, sein Vater war übrigens Polizeibeamter, Andreas ist gebürtiger Wiener. In Klischees passen sie beide nicht. Andreas ist im ersten Moment enttäuscht, keinen "klassischen" Migranten zugelost bekommen zu haben, sondern einen studierten Wirtschaftsinformatiker, der im Bundesrechenzentrum arbeitet. Umgekehrt würde man von einem Polizisten nicht erwarten, dass sich in den Innentaschen seiner Uniform gelbe Reclam-Bändchen befinden, weil er unter "Leseattacken" leidet, wie Andreas es tut. Im Lehrgang erarbeiten sie ein gemeinsames Projekt und recherchieren 36 Übersetzungen des Satzes "Alle Menschen sind gleich."

Überraschende Gemeinsamkeiten, beinah unheimliche Parallelen finden sich in den Leben mancher Tandem-Paare. Heinz Janisch beschreibt die Lebenswege von Günther, einem Polizisten in Traiskirchen, und von Mohammad, einem Kurden aus dem Iran. Beide wuchsen ohne Mutter auf, beide haben es geschafft, eine sehr schmerzhafte Kindheit zu bewältigen. Mohammad schreibt - seine eigene Rückschau auf seine Herkunft ist in Janischs Text eingefügt. Der Polizist tanzt, besucht mit seiner Frau gerade einen Kurs für Fortgeschrittene. "Vom Glück der Begegnung" erzählt Janisch, vom Glück dieser beiden Männer, im anfangs fremden Anderen einen Freund gefunden zu haben. Offenheit und Neugier - das zeichnet alle Tandem-Partner aus. Was sie verbindet ist laut Vladimir Vertlib "ein Grundvertrauen in sich selbst und die Welt, das sie sich trotz aller Traumata und Enttäuschungen bewahrt haben". Nicht minder berührend als die bereits erwähnten Porträts sind die Geschichten von Renate Welsh-Rabady, Christa Zettel, Alma Hadzibeganovic und Erich Hackl. "Mensch at his best" - das Herz geht einem auf beim Lesen. Sie reden, kochen, feiern, arbeiten miteinander, sie gehen mutig aufeinander zu - es ist sehr schön zu erfahren, dass es auch solche Begegnungen zwischen Polizisten und Migranten in Österreich gibt und ein Projekt wie Tandem\0xAE, das diese Begegnungen ermöglicht.

Tandem - Polizisten treffen Migranten

Literarische Protokolle von Dimitré Dinev, Erich Hackl, Alma Hadzibeganovic, Heinz Janisch, Vladimir Vertlib, Renate Welsh-Rabady, Christa Zettel. Mit Fotos von Michaela Bruckmüller, hg. von Susanna Gratzl, Maria Hirtenlehner und Herbert Langthaler. Mandelbaum Verlag 2006. Seiten, geb., e 15,80

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