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Orchesterverein und Solisten

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Die 1. Symphonie von Schostako- witsch, die mit 19 Jahren geschrieben wurde, bildet einen interessanten Auftakt in der Entwicklung dieses Musikers. Steinberg, der Lehrer des Komponisten, hat von der „Ersten“ gesagt, sie bilde den „höchstmöglichen Ausdruck des Talents“. Alle charakteristischen Eigenschaften, die wir später bei Schostakowitsch finden, leuchten bereits in dem Frühwerk auf, das Einflüsse von Mahler, Berlioz und Rimsky-Korsakoff zeigt, aber zu persönlichem Profil, besonders im Scherzo und im Largo, gelangt. Das Orchester des Akademischen Orchestervereins unter Wolfgang Gabriel hat — wenn wir von etlichen Partien der Klarinetten und der Oboe absehen — dem Werk eine zufriedenstellende Wiedergabe zuteil werden lassen. Am Beginn des Programms standen die farbig aufrauschenden „Rumänischen Volkstänze“ von Bartök.

Der Knabenchor Hannover unter Heinz H e n n i g brachte Werke von Schütz, Schein und J. S. Bach. Ohne romantische Färbung, ganz im Geiste des protestantischen Kirchengesangs, wirkten die hellen Soprane, zu denen sich tiefere Stimmen der „Chprjnitglieder gesellten, din bereits mutiert gliederung.

Der Wiener Hans Graf, Schüler Professor Seidlhofers, der nunmehr, nach bedeutenden Erfolgen im Ausland, die Hauptfachklasse für Klavier an der Wiener Akademie übernommen hat, ist ein virtuoser Typ, der im Mozart-Saal besonders mit vier Stra- winsky-Etüden und der Brahms-Sonate in C starken Beifall erzielte. Der kräftige Anschlag, der gleichwohl lyrischen Stimmungen allen Zauber abgewinnt, überzeugte, obschon die Spitzentöne bei beschleunigtem Tempo etwas spröde klingen.

Einen geteilten Eindruck hinterließ der junge Walter Groppenberger. Mit Bach, Haydn und vor allem Beethovens op. 101 hat er sich übernommen. Für Ravel („Gaspard de la nuit“) fehlt ihm die virtuose, leichte Hand. Dafür hat er mit der Sonate Nr. 7 von Prokofieff eine beachtliche Talentprobe geliefert.

Margareta Bergström, Mezzosopran der Stockholmer Oper, verfügt über eine angenehm timbrierte, in der Mittellage ergiebige Stimme. Bei richtiger Führung des im Ansatz der Höhe widerspenstigen Organs könnte daraus ein schöner Opernsopran werden. Das 'Programm war nicht sehr glücklich zusammengestellt. Die Lieder von Stenhammar und Sibelius verlieren durch die Uebersetzung des Textes ins Deutsche. Die stärkste Wirkung ging von der konzentrierten Dramatik und der geschickten Stimmcharakteristik in den sechs Monologen aus Hofmannsthals „Jedermann" von Frank Martin aus. Erik W e r b a begleitete mit gewohnter Präzision.

Robert Schumanns Liederreihe op. 35 (Zwölf Gedichte von Justinus Kerner) sang Eberhard Wächter und ließ Beethovens Liederkreis „An die ferne Geliebte“! folgen; aber erst mit dem dritten Zyklus, mit Liedern Hugo Wolfs aus dem „Westöstlichen Diwan“, gelang flfm dėf"innere Stetffäkt- mit fideüf' PubHKiiM/ re 4ehr "’ifofii1 den Safift gepflegten Stimme a priori zu schätzen wußte. Die

Männlichkeit der Goetheschen Verse, mit ihrem versteckten Unterton von Humor und Skepsis, sowie die genial ausdeutende Musik, auch ihrerseits der romantischen Ironie nicht fremd, fanden in Persönlichkeit und Interpretation des Sängers ihren gültigen Ausdruck, der allerdings durch Auswendigsingen noch gesteigerter und gelöster gewirkt hätte. Karl H u d e z war ein getreuer Begleiter, nachzeichnend, sich unterordnend, gelegentlich unmerklich führend, zuweilen leider zu lautstark.

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