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Digital In Arbeit

Raubzug der Computerhacker

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Im Februar wurde in Linz ein 18-Millionen-Schilling-Betrug mittels Telebanking in letzter Minute verhindert. Zwei Kärntner bewiesen, daß solche Manipulationen jederzeit möglich sind. Die Banken hüllen sich in Schweigen.

Die Idee ist einfach und erspart eine Menge Kosten. Die Banken lassen die Arbeit, die bisher ihr Personal für den Kunden erledigt hat, den Kunden selbst machen. Sie übergeben dem Kontoinhaber ein Modem. Damit kann er seinen Personalcomputer mit dem Netzwerk der Banken verbinden. Für Kontobewegungen benötigt dieser Kunde keinen Schalterbeamten. Er macht von daheim aus alles allein.

Auch das Lastschrifteneinzugsverfahren. Der Telebanking-Berechtigte kann von fremden Geschäfts- und Privatkonten Beträge abbuchen. Er muß nur die Nummern jener Konten kennen, die er anzapfen will. Ein Traum wird wahr. Keine lästigen Fahrten in die Bank. Man macht alles von zu Hause, wann immer man gerade Zeit hat. Telebanking geht auch zu Zeiten, wenn die Geldinstitute geschlossen sind. Am Samstag zum Beispiel.

Aber dieser Triumph der Technik kann auch zum Alptraum werden. Denn was ist, wenn der Kunde irrtümlich falsche Konten plündert beziehungsweise wenn sich ein Spitzbube bereichern will? Vorbei die Zeit eines Rodion Raskolnikoff aus Dostojewskis „Schuld und Sühne", der eine Pfandleiherin wegen Bargeldes erschlug. Heute greift man mit dem Computer auf fremdes Geld. Man leitet es mittels Knopfdruck auf das eigene Konto.

Im Linzer Fall kamen die Banken noch einmal davon. Dem Ganoven, der sich die Kontonummern von 35 Innsbrucker Anwälten besorgt hatte und sie um jeweils 30- bis 60.000 Schilling erleichtern wollte, unterlief ein Mißgeschick. Er erwischte bei seinem Raubzug mittels Computer ein Konto, bei dem der Auszahlungsrahmen beziehungsweise die Überweisungs-Höchstgrenze überschritten wurde. Deswegen leuchtete ein Alarmsignal auf und der Schwindel flog auf. Andere Durchbuchungen gelangen diesem Täter sehr wohl. Wenn er geringere Beträge abgebucht hätte, sodaß er keinen Kontorah men gesprengt hätte, wäre er vermutlich mit mehreren Millionen längst über alle Berge.

Daß sich dieser Linzer Fall jederzeit an einem anderen Ort Österreichs wiederholen könnte, führten zwei Kärntner vor. Der Villacher Anwalt Herwig Hasslacher und der Klagenfurter Computerspezialist Herbert Liebhart demonstrierten in einem Test für das Wochenmagazin „Kärntner Woche", wie einfach der Zugriff auf Fremdkonten ist.

Ihnen gelang es mühelos, Beträge in der Höhe von rund fünf bis 20.000 Schilling von fremden Konten (deren Inhaber freilich vorgewarnt worden waren), einzuziehen. Alle Beteiligten waren neugierig, ob dies funktioniert. Nach keiner einzigen Abbuchung wurde der Kontoninhaber gefragt, ob er mit diesem Zugriff auf sein Geld einverstanden wäre. Sogar Konten, die weit „im Minus" waren, konnten die beiden Tester anzapfen.

Interessant war die Beaktion der Kärntner Banken. „Sie waren eher verärgert, daß wir diese Schwachstelle im System aufzeigten, statt daß sie dankbar dafür gewesen wären", erzählte Hasslacher.

Offensichtlich sind die Computertechniker in vielen Geldinstituten noch nicht soweit, daß sie jedes Konto mit einem Code vor unerwünschten Zugriffen sichern. Nur eine solche technische Sperre erscheint langfristig sinnvoll. Eine Prüfung der Kontoauszüge durch Bankmitarbeiter ist in großen Instituten mit Tausenden Gehaltskonten kaum durchführbar.

Diese menschliche Kontrolle wird allerdings noch in kleinen Einheiten, zum Beispiel in Filialen der Raiffeisenbank Klagenfurt, durchgeführt. Hier passiert es immer wieder, daß man Kunden anruft, ob sie mit bestimmten Lasteneinzugsverfahren einverstanden sind. Die Regel im Bankgeschäft ist diese Überwachung allerdings schon lange nicht mehr. Es ist eine Frage der Zeit, bis es zu einem ersten Musterprozeß im Zusammenhang mit Mißbrauch von Telebanking kommt.

Der Autor ist

Chefredakteur der Kärntner Woche".

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