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Peter Landerls Roman "Happy Together".

Peter Landerl legt mit "Happy Together" nach "Blaustern. Erzählungen" seinen ersten "Roman" vor. "Roman" in Anführungszeichen, denn um einen solchen handelt es sich nur bedingt, auch wenn der Klappentext behauptet, "Happy Together" erzähle "ein und dieselbe Geschichte aus drei Perspektiven". Ein Austauschstudent in London, ein Sozialhilfeempfänger in Wien und ein beinamputierter Urlauber legen in konsequenter Ich-Perspektive drei psychopathologische Selbststudien vor, wobei der Leser - und nur der Leser - erfährt, dass es etliche direkte Berührungspunkte im Leben der drei Männer gibt, die teilweise jedoch etwas aufgesetzt wirken und kaum einer narrativen oder strukturellen Notwendigkeit zu entspringen scheinen. Dasselbe gilt auch für die rückläufige Chronologie der Episodenfolge.

Der Titel ist durchaus sarkastisch zu verstehen, denn wie Wong Kar-wais gleichnamiger Film zitiert "Happy Together" den Turtles-Hit von 1967: "Imagine how the world could be / So very fine / So happy together" - für Landerls Figuren existiert diese Option nicht einmal theoretisch. Gemeinsam sind ihnen traumatische Erlebnisse, die sie in die soziale Isolation getrieben haben. Nun stehen sie angstvoll einer bedrohlichen Gesellschaft gegenüber und können ihren Alltag nur mehr mittels bedenklicher Überlebensstrategien bewältigen: Sascha, der Student, ist ein Spanner und liebt es, sich zu verstecken, sogar im Kleiderkasten einer Mitbewohnerin, denn "wenn dich keiner wahrnimmt, dann bist du frei, bist erlöst"; Günter, Alkoholiker und Notstandshilfeempfänger, studiert Fußballspiele und schlägt nächtens wahllos Passanten zusammen, was er "Interventionen im öffentlichen Raum" nennt. Angesichts der massiven psychischen Störungen der Protagonisten befremdet das hohe Maß an Reflektiertheit, das sie in ihren Selbstbeschreibungen an den Tag legen, und trotz beeindruckender Passagen wirkt diese Erzählhaltung nicht stimmig.

Der mit Abstand beste und dichteste Text ist der letzte, der Monolog eines Griechenlandurlaubers auf der Heimreise, der vor Jahren bei einem Verkehrsunfall seine Familie und ein Bein verloren hat. Seither wird er von Schuldgefühlen gequält, denen er durch das Sammeln von Zeitungsausschnitten über sinnlose und absurde Todesarten beizukommen sucht. Seine Weltsicht ist von schonungsloser Radikalität, sozialen Kontakten verweigert er sich und der alljährliche Urlaub ist ihm leeres Ritual, das er für flüchtige Sexkontakte nutzt. "Die Welt steht mir fremd und feindselig gegenüber. Eine unüberbrückbare Kluft. [...] Diese Verneinung durch die Welt ist eine totale. Ich verneine sie und sie verneint mich." Ein "Du" erscheint erst in den letzten Zeilen des Monologs - doch es ist ein in Gesprächsfetzen der Mitreisenden aufgeschnapptes fremdes "Du". Bedrückend!

Happy Together

Roman von Peter Landerl

Triton Verlag, Wien 2003

128 Seiten, geb., e 14,-

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