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Thor Kunkels Roman "Endstufe".

Wenn nicht schon der Skandal vor seinem Erscheinen gewesen wäre, wer hätte dann nach diesem Buch gekräht? Der Rowohlt Verlag hat es abgelehnt, Thor Kunkels Roman "Endstufe" zu veröffentlichen, der Eichborn Verlag hat ihn mit offenen Armen empfangen. So aufreizend der Inhalt sein mag, so sehr er noch weiter für Kontroversen und Diskussionen über die vom Autor behauptete Naziurheberschaft der Sachsenwald-Pornos sorgen wird, bei diesem Buch bleibt nicht nur die Historie, sondern vor allem der Leser auf der Strecke - und die Literatur. Gefickt, man kann es nicht umschreiben, und gemordet wird in diesem Buch, aber völlig an der Zeit des Dritten Reichs vorbei. Kein KZ ist in Sicht, keine Juden werden abtransportiert, während die perversesten Pornos gedreht werden, über die SS wird nur salopp gespottet, als wenn alles nur Spaß wäre, Spaß wie Hakenkreuzhäkeln während des Sexualaktes. Eine gelangweilte Gesellschaft wird hier geschildert, an der Schreckensherrschaft, Krieg und Entbehrungen spurlos vorbeizugehen scheinen. Ärgerlich nur die Bomben, die schließlich auf deutsche Städte fallen. Kunkels ungeheure Lust, Sexszenen in Großaufnahme zu schildern, blendet die Grausamkeiten jener Jahre völlig aus. Erst nach dem Untergang des Dritten Reiches scheint Gewalt aufzutauchen, in Vergewaltigungen von Russen und Alliierten. Kunkel traut sich sogar Formulierungen wie: "Eine neue Bio-Technologie wird da weitermachen, wo wir 1945 aufgehört haben." Distanz des Autors zu Sätzen wie diesen ist keine spürbar. Ob nun die Nazis jene Pornos drehten oder nicht, die Diskussion ist angesichts dieser Story sekundär. Wichtiger ist da schon die Frage nach der Ideologie, die sich möglicherweise in diesem Machwerk verbirgt. Aber zum Glück zerquetscht sich die Story ohnehin selbst und gibt dem Leser aber auch gar keinen Grund, dieses Buch zu lesen.

Endstufe

Roman von Thor Kunkel

Eichborn Verlag, Berlin 2004

587 Seiten, geb., e 25,60

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