Miguel de Cervantes Saavedra hat einen der bekanntesten Leser der Weltliteratur erfunden – Don Quijote, den die einen für besonders verrückt, die anderen für besonders weise halten. Cervantes’ Todestag erklärte die UNESCO 1995 zum „Welttag des Buches und des Urheberrechts“ und wählte mit dem 23. April ein Datum, das mit dem vermuteten Geburts- und Todestag von William Shakespeare gleich doppelt begründet wird und zudem noch eine Tradition aus Katalonien aufgreift. Dort schenkt man am Georgstag nämlich einander Bücher und Rosen.In der FURCHE ist es bereits Tradition, die
Vor 200 Jahren wurde Amantine-Aurore-Lucile Dupin geboren, als George Sand ging sie in die Literaturgeschichte ein. Ihre Briefe erzählen nicht nur ihr Leben, sondern auch ihre Gedanken zu Liebe und Freundschaft, Kunst und Religion, Poetik und vor allem Politik.Das Klischee von ihr ist heute bekannter als ihre Literatur. Die Frau, die mit Männerkleidung durch Paris schlenderte, Zigaretten rauchte und durch ihr freizügiges Liebesleben auffiel, wie es damals für Männer, aber nicht für Frauen üblich war, erschreckte mit ihrem emanzipierten Auftreten Männer und Frauen. Als "Blaustrumpf" und
SPRACHE: LUST.SPIEL.WUT - unter diesem Motto standen die diesjährigen Rauriser Literaturtage: Erfreuliche Zumutungen für Hirn, Ohren und Sitzfleisch.Jeden Tag eine kleine Etappe, Luxus' ist ein apartes Mittel, das Hirn gut durchzulüften und die Wachsamkeit für eingefahrene Strukturen im Denken, Tun - oder Schreiben - zu schärfen." Das schrieb Evelyne Polt-Heinzl im vergangenen Jahr in der FURCHE über Hansjörg Zauners Buch "Luxus". Nun hat Zauner den Rauriser Förderungspreis für einen unveröffentlichten Prosatext zum Thema "Ein Versuch" erhalten, und Wolfgang Straub zitierte
„Die größte Schwierigkeit für das Buch besteht jedoch darin, den Markt überhaupt zu erreichen. Denn der Weg dorthin führt durch ein Nadelöhr, den unerbittlichen Buchhandel. Dieser Buchhandel wird von ausgeprägten Charakteren geführt, die ihre ganz persönliche Meinung über das Buch und seine Marktchance haben. Diese Meinung ist von Buch zu Buch, von Buchhandlung zu Buchhandlung durchaus verschieden.“Was Rainer Nitsche in einer Anthologie des Wagenbach-Verlags 1994 schrieb, klingt heute schon fast wie die Erinnerung an ein vergangenes Arkadien. Ausgeprägte Charaktere? Persönliche
Zunächst über Jahrhunderte vergessen, inspirierte sein Werk die Künstler der Moderne: Matthias Grünewald.Kennen Sie die Kreuzigungsgruppe von Matthias Grünewald, das Mittelfeld des Isenheimer Altars? Ich liebe dieses Bild und habe versucht, es zu interpretieren [...]. Aber sowie ich anfange zu zeichnen, wird etwas ganz anderes daraus". So Pablo Picasso 1933 zu seinem Künstlerkollegen, dem Fotografen Brassa¨1. Er beschreibt damit, was auch für viele seiner Kollegen prägend war: Das Werk Grünewalds löst Emotionen aus, die sich als eigene künstlerische Kreationen niederschlagen.Mathis
Neugierig ins offene fahren oder endlich zum Vertrauten Heimkommen: die Literatur erzählt über die miteinander ringenden Kräfte und Sehnsüchte des Menschen.
Die 33. Tage der deutschsprachigen Literatur brachten nicht viel Überraschendes. Für den alles überragenden Text sorgte Eröffnungsredner Josef Winkler.Nachdem Jens Petersen, der diesjährige Bachmannpreisträger, seinen Romanauszug „Bis dass der Tod“ gelesen hatte, waren die Jurorinnen und Juroren zunächst nicht alle so „ziemlich restlos begeistert“ wie Alain Claude Sulzer: Meike Feßmann unterstellte diesem Text „Prärie-Romantik“, ohne genauer sagen zu können, was sie damit meinte. Karin Fleischanderl merkte an, bei diesem Thema wären die Gefahren groß, der Autor sei
Es beginnt mit staunenden Blicken. Mit der Wirkung eines Bildes in den Gesichtern seiner Betrachter. Regisseur José Luis López-Linares filmt Museumsbesucher, die vor Hieronymus Boschs "Garten der Lüste" stehen -und schauen und schauen. Ein passender Zugang, angesichts eines Gemäldes, das seit Jahrhunderten fasziniert und nie zu Ende interpretiert sein wird, bei dem derart viel zu sehen ist - und trotzdem so viel nicht zu sehen ist.Diese Wechselwirkungen -vom Bild zum Betrachter und retour - sind es, die López-Linares interessieren und die in ihrer Pluralität die Wahrnehmung dessen, was
Michel Houellebecq entlarve in seinen Romanen das liberale
Wirtschaftssystem, meinte der französische Wirtschaftswissenschafter
und Publizist Bernard Maris und schrieb darüber ein Buch.
Der Großkritiker lebt, und er gibt sich selbstbewusst wie eh und je. Wenn er spricht, nimmt Burkhard Spinnens Gestik geradezu reich-ranickimäßige Züge an: Der Zeigefinger wird ebenso erhoben wie die belehrende Stimme. Und als Schiedsrichter verteilt Spinnen Fouls, vor allem gegen Kritik, die sich gegen ihn richtet.Was hat man sonst von der diesjährigen Bachmann-Preis-Jury erfahren? Enttäuschend wenig über Sprache und Ästhetik der besprochenen Texte, dafür sehr viel über das frühere Leben der Juroren. Ursula März hat in jungen Jahren als Zimmermädchen in den Zimmern von Ajax
„Können Musen fliegen?“, fragte die Linzer Schriftstellerin Eugenie Kain in ihrer gleichnamigen Erzählung. In jene von der Erzählerin eben erst begonnene Geschichte „vom Tankhafen und dem Tankschiff und der Tankwartin, die nach den Schiffen horcht“, nörgelt sich bald eine Stimme kursiv hinein: „Kann das eine Geschichte werden? Schon am Anfang mangelt es an Präzision.“ Die Erzählerin verteidigt sich: „Warum lenkst du mich ab? Ich schreibe den ersten Entwurf dieser Geschichte. Du bist schon beim Endlektorat. Ich aber bin noch gar nicht im Schreibfluss. Ich wate im
David Grossmans neuer Roman "Kommt ein Pferd in die Bar" beginnt zwar
als Standup-Comedy, erweist sich dann aber als berührende Erzählung
über Tod und Trauer.
"Mein Zimmer besteht aus beinahe gar nichts. Wozu viel Aufhebens um eine Wohnung machen, in der ich ohnehin nur so vor mich hindämmern werde, in den Gedanken anderer. Wer, wie Professor Icks gemeint hat, auserwählt ist, am Institut für Gedankenkunde und Verstehen in die Lehre zu gehen, wer spazieren darf in den bunten und schillernden Himmelreichen aus Papier, der braucht ja nicht viel." Andrea Winklers Ich-Erzählerin Lina Lorbeer wird sich bald wundern, was sie an diesem Institut alles lernen wird, zum Beispiel dass es wichtig ist zu wissen, was man werden will: König, Hofnarr -oder das
Man kommt gar nicht so einfach wieder heraus, aus dem Rauriser Tal, ohne Auto. Busse fahren sonntags spärlich und so ist man auf die Hilfe anderer angewiesen, auf Mitfahrgelegenheit. Dasselbe gilt fürs Ankommen. Bis nach Taxenbach geht's mit der Bahn. Dann hat man so eine Art kleinen Berg zwischen sich und Rauris. Bekommt man aber Hilfe, ist leicht gut ankommen.Dann zeigt sich das Rauriser Tal von atemberaubender Schönheit, vor allem wenn das Wetter mitspielt. Zwar sind die Bäume Ende März hier noch kahl, aber die weißen Gipfel, vor allem der mächtige Sonnblick am Ende des Tals, heben
Intelligent, scharfzüngig, kurzweilig, unterhaltsam: Mark Twains AUtobiografie ist endlich auf Deutsch zu lesen.Die richtige Art, eine Autobiografie zu schreiben: "Beginne an einem beliebigen Zeitpunkt deines Lebens; durchwandre dein Leben, wie du lustig bist; rede nur über das, was dich im Augenblick interessiert, lass das Thema fallen, sobald dein Interesse zu erlahmen droht; und bring das Gespräch auf die neuere und interessantere Sache, die sich dir inzwischen aufgedrängt hat.“ Mit dieser in die Tat umgesetzten Idee hat uns Samuel Langhorne Clemens alias Mark Twain ein Gustostück
In seinem jüngsten Roman blickt der amerikanische Autor E. L. Doctorow mit den Augen eines Blinden auf das 20. Jahrhundert.Sie haben ein skurriles Kapitel New Yorker Stadtgeschichte geschrieben: jenes Brüderpaar, das 1947 tot im eigenen Haus gefunden wurde, inmitten von Tonnen von Zeitungen, Altwaren, Klavieren, sogar ein Auto fand sich im Wohnraum. Der eine Bruder war blind und wohl verhungert, der andere wurde von seiner eigenen Sammlung erschlagen.Stoff für Sensationsromane - doch E. L. Doctorow hatte wohl weniger die (historische) Sensation im Sinn denn das (bleibend) Metaphorische
Literarische und andere Kalender.Wer nicht weiß, was er schenken soll, kann zum Kalender greifen. Den täglichen Hinweis aufs Datum kann jeder brauchen und wenn man dann noch Woche für Woche, Monat für Monat Bilder und Texte vor Augen hat, umso besser. Dass Kalender aber weit mehr sein können als Notlösungen für die fehlende Weihnachtsidee, zeigen einige der im folgenden vorgestellten Kalender.Der Arche Literaturkalender zum Beispiel ist unter Literaturfreunden längst zu einer Institution geworden. Im Jahr 2004 wirft er mit Fotografien Blicke in die Häuser, Wohnungen und Arbeitszimmer
Die Notwendigkeit, die Sklaven zu einer fremden Art zu erklären, scheint ein verzweifelter Versuch zu sein, sich seiner eigenen Normalität zu versichern. (Toni Morrison)Der Rechtshistoriker James Q. Whitman blickt nicht nur in eine schreckliche Geschichte, er stellt auch unangenehme Fragen an die Gegenwart."Selbst radikalen Nazis waren die amerikanischen Rassengesetze Anfang der 1930er-Jahre manchmal zu rassistisch." Sätze wie diese hört man in den USA vermutlich nicht gerne und so verwundert es auch nicht, dass James Q. Whitman, Rechtshistoriker an der Yale Universität, dann auch
Kunst und Kirche -sobald dieses Verhältnis hierzulande angesprochen wird, fällt sogleich der Name Otto Mauer. Mit der 1954 gegründeten Galerie St. Stephan, später Galerie nächst St. Stephan, rettete der Priester die jahrhundertealte Beziehung von Kirche und Kunst in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1980 gelangte seine Sammlung von 3000 Werken durch einen Schenkungsvertrag an das Wiener Dom-und Diözesanmuseum, das historisch orientiert war und sich sakralen Kunstschätzen widmete.Von dem seit 1981 jährlich vergebenen Otto Mauer Preis und von Initiativen wie jenen des Jesuiten
Der Großkritiker lebt, und er gibt sich selbstbewusst wie eh und je. Wenn er spricht, nimmt Burkhard Spinnens Gestik geradezu reich-ranickimäßige Züge an: Der Zeigefinger wird ebenso erhoben wie die belehrende Stimme. Und als Schiedsrichter verteilt Spinnen Fouls, vor allem gegen Kritik, die sich gegen ihn richtet.Was hat man sonst von der diesjährigen Bachmann-Preis-Jury erfahren? Enttäuschend wenig über Sprache und Ästhetik der besprochenen Texte, dafür sehr viel über das frühere Leben der Juroren. Ursula März hat in jungen Jahren als Zimmermädchen in den Zimmern von Ajax
Ist der "Duden“ schuld, dass die deutsche Sprache kein Happy End finden wird, weil sie von Anglizismen unterhöhlt wird? Auf die Neuauflage des Nachschlagewerks reagierte jedenfalls der in Dortmund ansässige "Verein Deutsche Sprache“, indem er die Auszeichnung "Sprachpanscher des Jahres“ heuer dem Duden verlieh. Statt "Stalker“ solle man "Nachsteller“, statt "E-Business“ "Netzhandel“ anführen. Auch den "Klapprechner“ vermisse man. Seit 1998 vergibt der Verein den Titel "Sprachpanscher“: "Er steht für das unnötige Verdrängen deutscher Begriffe durch Importe aus dem
Die Wüste als Ort, wo das Verschwinden sichtbar wird: Don deLillos neuer Roman „Der Omega-Punkt“ nimmt Raum und Zeit unter die Lupe.Ein Roman über die Zeit? Aber die gibt es doch eigentlich nicht, jedenfalls nicht im Singular und nicht ohne Erfahrung. Eine Zeit in der Stadt ist eine andere als eine Zeit in der Wüste, die Zeit, die man im Kino verbringt, vergeht anders, als die Zeit, in der man auf eine wichtige Entscheidung wartet, die Zeit während einer Folterung ist eine andere als die Zeit während eines Kusses.Einen unheimlich dichten Roman über Zeiterfahrungen schrieb Don DeLillo
Ein schwarzer Text über graue Seelen: Philippe Claudels jüngster Roman.Der Ort: ein Dorf in Frankreich. Die Zeit: 1917. Ein Ort, ein Jahr, in dem einige Kilometer entfernt täglich das Töten, das Morden, das Schlachten, das Menschenverstümmeln stattfindet. Im Ort selbst merkt man nichts davon, außer wenn die Verletzten durchziehen oder mehr und mehr das Krankenhaus belegen. Man gewöhnt sich im Lauf der Monate, der Jahre daran. Schlimmer noch, man beginnt den Verstümmelten zu verübeln, dass sie "ihre Verbände und fehlenden Beine und Nasen, ihre kaum verheilten Schädel und schiefen
Vor einem Jahrhundert lernte der Mensch fliegen. Das veränderte die Welt, aber auch die Literatur. Unter den ersten Augenzeugen von Ohnmacht und Größenwahn: Franz Kafka und Gabriele d' Annunzio.Der Wunsch des Menschen, fliegen zu können, ist alt, die Verwirklichung dieses Traumes sehr jung. 1891 sprang - mit Flügeln aus Weidenruten, bespannt mit Baumwollstoff - der Ingenieur Otto Lilienthal 15 Meter durch die Luft. Fünf weitere Jahre lang noch übte er das Fliegen - bis er schließlich aus 15 Metern Höhe abstürzte, sich den Halswirbel brach und tags darauf starb. Er blieb nicht der
Vor einem Jahr starb der französische Literaturnobelpreisträger Claude Simon. Seine Romane sind viel zu wenig bekannt und immer noch lesenswert.Obwohl Claude Simon 1985 den Nobelpreis für Literatur erhielt, ist er hierzulande kaum im Gespräch, womöglich sogar kaum bekannt. Selbst unter Lesern. Das ist völlig unverdient, aber irgendwie auch erklärbar. Denn bis vor wenigen Jahren gab es einige seiner Werke noch gar nicht auf deutsch zu lesen. Der DuMont Literatur und Kunst Verlag lässt aber einen Roman nach dem anderen (neu) übersetzen und anlässlich des ersten Todestages des Autors
Nennt man den Namen Alois Brandstetter, bekommt man oft sofort zu hören: Ach, ja, "Zu Lasten der Briefträger"! Doch den Autor auf diesen 1974 erschienenen Roman zu reduzieren, würde ihm nicht gerecht, zu groß und breit ist sein Werk, unter anderem: "Die Abtei"(1977),"Altenehrung"(1983),"Hier kocht der Wirt"(1995),"Der geborene Gärtner" (2005),"Kummer ade!"(2013);"Aluigis Abbild"(2015). Mit "Vom Schnee der vergangenen Jahre"(1979) und "Über den grünen Klee der Kindheit"(1982) führte der am 5. Dezember 1938 in Aichmühl bei Pichl bei Wels als Sohn eines Mühlenbesitzers Geborene in seine
Adolf Muschgs neuer Roman über das Scheitern scheitert selbst.Der 42-jährige Komponist Roman Enders liegt im Sterben und richtet per Brief dem Cellisten Andreas Leuchter aus, er soll eine Suite spielen, die Roman in Erinnerung an die gemeinsame Internatszeit geschrieben hat. Diese Erinnerung ist freilich keine rosige: hat Enders doch seinerzeit Leuchter mit einem Tritt in die Hoden nicht nur in den Krankenstand, sondern auch in eine lebenslange Feindschaft zu ihm befördert. Dennoch wird sich Andreas wie nie zuvor Mühe geben, das Stück zu üben und auch zu spielen. Allerdings nicht den
Rafik Schami erzählt in seinem monumentalen Roman über Liebe in Zeiten der Blutrache.Damaskus ist keine Stadt, kein Fleck auf einem Atlas, sondern ein Märchen, das sich in Häuser und Gassen, Geschichten, Gerüche und Gerüchte kleidet." So die Liebeserklärung des Autors Rafik Schami aus der Ferne an die Stadt seiner Herkunft. "Wenn man von Damaskus erzählen will, muss man aufpassen, nicht zu versinken, denn Damaskus ist ein Meer von Geschichten. Die Stadt weiß das, deshalb behält sie bei aller Liebe der Araber für verwinkelte Straßen und Gassen eine einzige gerade Straße, die auch
Entsetzen wird zu Erzählen: Der 11. September 2001 und seine Folgen als Themen der Literatur.Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als zu reden, zu verstummen und wieder weiterzureden ... Sie wollen es noch mal hören, aus anderer Perspektive, wollen sich vergewissern, was sie durchgemacht haben, um durch die genauen Vergleiche ihrer Gefühle und Beobachtungen zu spüren, daß dieser Alptraum hinter ihnen liegt, dass sie zurückgekehrt sind in das vertraute Netz gesellschaftlicher und familiärer Beziehungen, ohne das sie nichts sind."Was Ian McEwan in seinem Roman "Saturday" als Aufarbeiten
Neue Bücher über die Stadt, die anders ist.Stilistisch und auch sonst ganz anders als Otto Brusattis musikalische Wienreise präsentiert sich der Rundgang, den Rainer Metzger in seinem Buch Der Tod bei der Arbeit unternimmt. Er ist auf der Suche nach Gewalteinwirkungen - nicht als Kriminalist, sondern als Kunsthistoriker. Dabei sucht er keineswegs - wie man oberflächlich vielleicht annehmen könnte - Bilder oder Skulpturen, die Ermordungen zeigen. Auch, aber nicht nur. Gewalt ist etwa auch ausgedrückt in der Darstellung der Stigmatisation des Franz von Assisi auf einem der Portale der
Otto Brusatti streift wie ein Ulysses durch die Weltstadt der Musik und gibt allerlei Spöttisches und Interessantes von sich.Zornig stapft er den Beethovengang entlang, auf den Kahlenberg zu, im Kopf Beethovens Pastorale - eine Musik, die ausreicht für einen ganzen Tag -, vor Augen aber den unwürdigen Dreck im Schreiberbach. Wenn die Sechste Symphonie hier entstanden ist, der 2. Satz sogar hier spielt: dann gehört dieser Ort doch zu den wichtigsten Musik-Erinnerungsstätten weltweit - der Anblick entspricht dem aber nicht gerade. Die Weltmusik-Strecke gibt sich eindeutig nicht auratisch,
Jonathan Safran Foer erobert die Herzen der Literaturkritiker. Der junge New Yorker zeigt, wie die Enkelgeneration Geschichte literarisiert.Dem 26-jährigen New Yorker Schriftsteller Jonathan Safran Foer ist gelungen, wovon viele ihr Leben lang träumen: Er wird zur Zeit von der deutschsprachigen Presse als Star gefeiert. Wie kommt es, dass die Kritiker quasi wetteifern mit Lobeshymnen für sein Romandebüt? Und wird es in den Augen der Leser, die ihm dadurch gewiss sind, das halten können, was die Kritik nun verspricht? Oder ist das Buch einfach gut vermarktet worden?Die Themen des Romans
J. M. Coetzee, Literaturnobelpreisträger und zweifacher Booker-Prize-Träger, weigert sich, sein Leben der Öffentlichkeit zum Fraß vorzuwerfen. Stattdessen schreibt er es literarisch um.Es gibt nicht viele Interviews mit dem südafrikanischen Literaturnobelpreisträger des Jahres 2003. J. M. Coetzee schenkt selten die Gelegenheit, ihn zu befragen – und reicht dann nicht das medial gewünschte Futter. Aus den wenigen Gesprächen kann man allerdings einiges über sein Literaturverständnis erfahren – und dass er sich weigert, seine literarischen Werke zu interpretieren: wozu hätte er
Kunst, Geschichte und Rätsel auf der Baustelle: Weil das Wiener
Dom-und Diözesanmuseum wegen der Umbauarbeiten noch geschlossen ist,
wanderte die Kunst in den öffentlichen Raum - und auf den
Bauverschlag.
ROMANVERFILMUNG I: Brian Percival hat mit Markus Zusaks "Die Bücherdiebin“ einen Roman verfilmt, in dem der Tod erzählt: eine Geschichte über Menschlichkeit und Courage."Über Einzelschicksale im Zweiten Weltkrieg sind viele Jugendromane geschrieben worden, aber erzählerisch reicht keiner an dieses Buch heran. Er hält mühelos die Waage zwischen Leichtigkeit und bitterem Ernst, Angst, Hass und Humor mitten im Wahnsinn des Naziregimes und trägt den Leser durch das Leben Liesels.“ So begründete die Jury ihre Entscheidung, Markus Zusaks Roman "Die Bücherdiebin“ mit dem Preis der
Die Geschichte um diesen Roman finde ich spannender als jene, die ich zwischen den Buchdeckeln gelesen habe. Der Insel-Verlag (also: Suhrkamp) hat den ersten Roman von Carlos Ruiz Zafón auf Deutsch herausgebracht und konnte sich über einen sagenhaften Erfolg freuen. Um den zweiten Roman, der vergangenen Herbst auf Deutsch erschienen ist, lieferten sich die Verlage ein Wettbieten - "Pissing contest" hat Lothar Menne solche Auktionen einmal genannt. S. Fischer ging als Sieger aus dem Rennen, kolportiert werden drei Millionen Euro, die für den Roman und Kinderbücher des Autors den Besitzer
Sprachkünstler, Sprachartist, Sprachmusiker - mit solchen Wörtern kann man versuchen, einem Schriftsteller wie Gert Jonke gerecht zu werden. Seine herausragende Bedeutung nicht nur für die österreichische Literaturlandschaft spiegelt sich in den vielen Auszeichnungen, die er im Laufe seines zu kurzen Lebens erhalten hat: begonnen mit dem ersten Ingeborg-Bachmann-Preis im Jahr 1977 bis hin zum Nestroy-Preis, den er im vergangen Jahr bereits zum dritten Mal erhielt, dazwischen so renommierte Auszeichnungen wie der Kleist-Preis. Der Georg-Büchner-Preis fehlt auf der Liste - vielleicht hätte
Nach drei Tagen Lesungen und Diskussionen ging der 37.
Ingeborg-Bachmann-Preis an die in Kiew geborene Autorin Katja
Petrowskaja. Es wird nicht der letzte gewesen sein.
Mit der "Markus-Version" hat der ungarische Schriftsteller Péter
Esterházy ein ernsthaftes und trauriges, leichtes und schweres,
wichtiges und schönes Buch geschrieben.
Alte Abbildungen zeigen es: Das Problem schreibender Frauen im 19. Jahrhundert begann bei der Kleidung. Denn die steif-gebauschten Röcke passten nicht unter die Tischplatte, und so mussten die Autorinnen eigentlich neben dem Tisch sitzen und in gekrümmter Haltung arbeiten. Doch abgesehen "von diesen lebenspraktischen Sonderproblemen hatten Autorinnen vor allem mit strukturellen Widerständen zu kämpfen", schreibt Evelyne Polt-Heinzl in ihrem grandiosen Buch "Ringstraßenzeit und Wiener Moderne. Porträt einer literarischen Epoche des Übergangs"(soeben im Sonderzahl Verlag
Am 11. Oktober wurde die diesjährige Frankfurter Buchmesse eröffnet. Auf dem großen Marktplatz für Bücher finden immer mehr andere Medien und Nichtbücher ihren Platz.Was stellen Sie sich unter einem "StoryDrive“ vor?"StoryDrive“ nennt sich eine Initiative der Frankfurter Buchmesse, die vermitteln will, wie man einen (dafür geeigneten) Plot zu multimedialen Entertainment-Welten formt, die "parallel als Buch, Film oder Game erfahrbar sind“, wie "StoryDrive“-Projektleiterin Britta Friedrich in einer Pressemeldung zur in dieser Woche in Frankfurt stattfindenden internationalen
Warum verheimlicht man die eigene Mutter - und ihr gegenüber die neue
Familie? Und kann man damit dann gut leben? Marie NDiayes neuer Roman
"Ladivine" greift ein Thema auf, das sich auch in Karine Tuils Roman
"Die Gierigen" findet.
Eine Autofahrt durch Wolkenbruch. Unmengen von Wasser verwandelten die Autobahn in eine Waschstraße, manchmal war weder das Auto vor, noch neben, noch hinter uns zu sehen. Mitten in diesem blindmachenden Wasserraum ein intensives Gespräch über den Blick.Wir waren unterwegs Richtung Wien und kamen von Rauris, wo Peter Waterhouse bei den Literaturtagen gelesen hatte. Am Steuer saß die Literaturwissenschaft in Gestalt von Thomas Eder, der den schwierigen Part hatte (den er wunderbar meisterte), uns sicher durch die Wassermassen zu manövrieren.Auf der Rückbank ein stundenlanges,
Wieland Wagner gehörte zu den innovativsten Künstlern seiner Zeit. Seine Inszenierungen wurden aber kaum dokumentiert. Ein neues Buch schafft nun Abhilfe und bringt neue Erkenntnisse über die Bayreuther Musiktheater-Geschichte.Er versuchte nach der Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten Richard Wagners Werk zu rehabilitieren und dem Musiktheater die Würde zurückzugeben: Von 1951 bis 1966 leitete Wieland Wagner gemeinsam mit seinem Bruder Wolfgang die Bayreuther Festspiele. Die Zeit seiner Tätigkeit repräsentiert die deutsche Nachkriegsgeschichte mit allem, was zu ihr gehört:
Fakten und Fiktionen aus Jahrhunderten umspülen eine Insel im Südatlantik: nämlich Raoul Schrotts "Tristan da Cunha oder Die Hälfte der Erde".Die Insel - Sehnsuchtsort und Fluchtpunkt, Inbegriff der Freiheit ebenso wie des Gefangenseins. Aus der Sintflut tauchend und für die Land suchenden Seeleute rettendes Paradies. Bedeutungsschwanger gerät auch die Insel Tristan da Cunha ins Blickfeld, vor allem wenn sie zum Mittelpunkt des Romans eines Autors wird, der scheinbar sicher auf den Weltmeeren der Kulturgeschichte unterwegs ist: Raoul Schrott. Hat er erst einmal seine Segel gehisst, dann
Flüchtigkeit, falsche Namen, Sehnsucht nach neutralen Zonen: Themen von Patrick Modiano, der im Dezember den Literaturnobelpreis erhält.Wer Patrick Modiano als Reisebegleiter wählt, der landet in Paris. Und zwar in einem Paris, das in unheimliches Dunkel gehüllt ist: Da streifen Menschen durch die Gassen, die man nur ab und zu im hellen Licht etwa eines Cafés sehen kann, die dann aber wieder verschwinden, manche für immer - und man kann sich nicht sicher sein, ob man je ihre richtigen Namen kannte.Dunkel ist es auch in Bezug auf die Erinnerung. Denn Vergangenheit und Gegenwart sind zwar
Für "The Age of Innocence" ("Zeit der Unschuld") erhielt Edith
Wharton 1921 den Pulitzerpreis. Andrea Ott hat den Roman nun neu und
erfrischend übersetzt.
Am 21. April wird zum 50. Mal der Österreichische Kinder- und Jugendbuchpreis verliehen. Aus diesem Anlass sprach die furche mit Inge Cevela, Jurymitglied und Leiterin der Studien- und Beratungsstelle für Kinder- und Jugendliteratur der Erzdiözese Wien, über die Notwendigkeit Preise zu verleihen und Bilderbücher zu lesen.Die Furche: Da gibt es doch dieses Bonmot: Je preiser gekrönt, desto durcher gefallen. Stehen literarische Auszeichnungen immer im Gegensatz zum Verkauf eines Buches?Inge Cevela: Ja, dieses Zitat ist wohl jedem Jurymitglied bestens bekannt - aber natürlich geht es an
Wie aus kindlichem Spiel tödlicher Ernst werden kann, erzählt Michael Frayn in seinem eben auf Deutsch erschienenen Roman "Das Spionagespiel".Die dritte Juniwoche, und da ist er wieder, dieser fast peinlich vertraute süßliche Hauch, der sich alljährlich um diese Zeit bemerkbar macht." In diesem Moment ist der Ich-Erzähler wieder ein Kind. Der Geruch erinnert ihn jeden Sommer an das Land der Kindheit, an die Straßen, in denen einst aus einem harmlosen Spiel heraus das Unglück seinen Lauf nahm, an Personen, die er auf dem Gewissen hat.Der Ich-Erzähler rafft sich eines Tages auf, um fast
Wolf Haas schrieb Brenners letzten Fall.Das ist eine interessante Kreislaufwirtschaft: In der Trafik kauft man sich die neuesten Zeitungen, sprich neueste Nachrichten, Analysen, Hintergrund, Tipps, Kommentare, ja was glaubst du. Aber woher wissen die Zeitungen das alles? Und siehst du, die wissen es wieder von den Trafikanten.Jetzt hat man in den letzten Jahren eines gut studieren können. Bei den Kühen in England. Dass es nie gesund ist, wenn Kühe Schafe fressen. Und ganz ähnlich ist es, wenn die Zeitungen sich zu viele Informationen im Zeitungsgeschäft holen, sprich Volk aufs Maul. Da
Seit Jahrzehnten provoziert, irritiert und fasziniert der amerikanische Autor Philip Roth. Dieser Tage feiert er seinen 70. Geburtstag.Marcel Reich-Ranicki hält ihn für einen der größten Schriftsteller unserer Zeit. Nun muss man nicht unbedingt den Einschätzungen des Literaturpapstes folgen. Doch - um es unüblich zu beginnen - allein quantitativ gehört Philip Roth zu den auffälligsten und gewichtigsten zeitgenössischen Autoren: fast fünfeinhalb Tausend Seiten umfassen die deutschsprachigen Ausgaben seiner Werke, die mir vorliegen. Unzählbar sind die Preise, die er bis heute erhielt,
Siegfried Lenz meldet sich mit einem neuen Roman und schreibt dem Zeitgeist entgegen. von brigitte schwens-harrantEin Buch gegen die Zeichen der Zeit - die da sind: Personal- und Sozialabbau, menschliche Kälte, Ausländerhass, Karrieresucht - schrieb der 1926 geborene Schriftsteller Siegfried Lenz mit seinem neuesten Roman, der in die allzu bekannte Wirklichkeit eine zu erhoffende und eigentlich dringend nötige Möglichkeit einflicht.Ziel oder EndstationDer zur gegenwärtigen Verfasstheit der Gesellschaft antizyklisch denkende und handelnde Held heißt Henry Neff, ist 24 Jahre jung und hat
Keine Erfolgsstory, sondern ein Blick auf die Kehrseite dieser Medaille: Die 1953 geborene Schriftstellerin Susanne Röckel lädt zu einer Nachdenkpause ein.Kann Erfolg haben, wer auf seiner Dienstreise das Handy abschaltet und es zusätzlich auch noch unter der Wäsche im Schrank versteckt? Wohl kaum und dem Leser schwant angesichts eines solchen Verhaltens gar nichts Gutes.Die Situation wird nicht besser, wenn er Walter Staub zur Verhandlung mit Kopf begleitet und mit ansehen (lesen) muss, dass Staub einfach nicht bei der Sache ist, obwohl es doch um die Wurst geht, nämlich um notwendige 15
Die junge Nigerianerin Chimamanda Ngozi Adichie schrieb mit ihrem ersten Roman "Blauer Hibiskus" eine Familiengeschichte voll Gewalt.Ein afrikanischer Roman, aus einer amerikanischen Schreibwerkstatt hervorgegangen; nigerianische Themen aus der Feder einer Autorin, die in den usa Kommunikationswissenschaften studiert hat: das Ergebnis ist der erste Roman der 1977 geborenen Nigerianerin Chimamanda Ngozi Adichie, "Blauer Hibiskus", der nun auf Deutsch erschienen ist.Die Thematik erinnert an das teils heftige Abrechnen mit katholischer Erziehung und das autobiografische Abarbeiten katholischer
Richard Powers krümmt die Zeit, verwortet Musik und stellt die Frage nach einem Leben jenseits von Schwarz und Weiß: in seinem monumentalen Roman "Der Klang der Zeit".Physik und Musik strukturieren wie in Richards Powers' bisherigen (allerdings hierzulande nicht so bekannten) Romanen auch sein jüngstes Werk "Der Klang der Zeit" und geben ihm inhaltliche Impulse bis zur letzten Zeile. Verschiedene Ebenen und Zeiten, Fiktionales, Fakten und Theorien werden zu einer Geschichte verwoben. Da geht es um den Rassismus im Amerika des 20. Jahrhunderts, um Musik und Klang, um Zeit und nichts
Die „Tage der deutschsprachigen Literatur“, an deren Ende am Sonntag, den 28. Juni unter anderem der „Bachmann-Preis“ verliehen wird, finden heuer zum 33. Mal statt. Einschneidende Veränderungen, die im Vorjahr die Veranstaltung fernsehtauglicher machen sollten, wurden nach lautem Protest heuer rückgängig gemacht.„Die Kritik hat ihren Unterhaltungswert entdeckt“, schrieb der Autor Wolfgang Hilbig im Jahr 1995. Im Fernsehen gebe der „Schriftsteller mit Brille, der auf dem Bildschirm die Zeilen mit dem Zeigefinger abfährt und seine Texte in den Bart murmelt“, immer eine
Daniel Kehlmann hat mit seinem Roman "Die Vermessung der Welt“ Millionen Lesern begeistert. Ob das auch der Verfilmung gelingen wird, ist fraglich.Hätte nicht Daniel Kehlmann am Drehbuch zu diesem Film mitgeschrieben, könnte man meinen, der Regisseur hätte den Roman missverstanden. So aber kann man sich nur wundern, wieso der Autor des so erfolgreichen Romans "Die Vermessung der Welt“ aus diesem selbst das macht, was seine Verfilmung nun ist.Angesichts des hohen Bekanntheitsgrads des Romans genügt hier eine kurze Erinnerung an den Stoff: Mit Alexander von Humboldt und Carl Friedrich
In seinem neuesten Roman liest sich Umberto Eco in die Vergangenheit - nicht ins Mittelalter, sondern ins faschistische Italien.Das kann man wohl behaupten, ohne es statistisch belegen zu können: es wird nur wenige Zeitgenossen geben, die ähnlich belesen sind wie Umberto Eco. Und dabei noch ähnlich viel schreiben. Der Semiotikprofessor und Bestsellerautor trat in diesem Herbst am deutschen Buchmarkt nicht nur mit zwei Büchern gleichzeitig in Erscheinung, nein, in seinem neuen Roman "Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana" baut er Büchertürme und Zitatlabyrinthe auf, die
Die Bildersammlungen auf CD-ROM und DVD-ROM des Yorck-Projects brechen alle Rekorde und ermöglichen Kunstinteressierten einen einfachen, billigen und raschen Zugang zu Tausenden von Bildern, daheim vor dem PC.Immens sind in den letzten Jahren die technischen Bedingungen erweitert worden, die es ermöglichen, dass Bilder und Kunstwerke in wirklich guter Qualität digitalisiert und reproduziert werden können. Auch die Speichermedien sind dermaßen billig geworden, dass es ein Leichtes ist, grandiose Datenmengen unters Volk zu bringen. Musste man vor wenigen Jahren noch darum bangen, ein
Ein Tag, zwei Lyriker von zwei Kontinenten und aus zwei Jahrhunderten: Christian Morgenstern und Octavio Paz verbindet die Poesie und ein Datum - der 31. März 1914.Den Beginn des Großen Krieges erlebte er nicht mehr: Der Dichter Christian Morgenstern starb am 31. März 1914 42-jährig in Meran. Zwei Tage zuvor hatte seine Frau Margareta Geburtstag, der Schwerkranke ließ sich, erzählt Biograf Jochen Schimmang, das Bett ans Fenster schieben, um den Frühlingssonntag zu genießen.Christian Morgensterns Leben umfasst das des Deutschen Reichs: Geboren wurde er nämlich 1871, also im Jahr der
Abraham B. Jehoschuas Roman über seine zerrissene Heimat Israel.Ein jüdischer Universitätsprofessor, der Algerien erforscht. Seine Frau, die Richterin, berühmt für ihre Verhörtechniken - nicht nur in beruflicher Hinsicht. Der Sohn, dessen glückliche Ehe auf sonderbare Weise nach einem Jahr plötzlich beendet ist. Eine arabische Studentin mit vorgetäuschter Schwangerschaft, die mit Tricks zu ihrem Studienabschluss kommen möchte. Das sind nur einige der handelnden Personen, die Abraham B. Jehoschuas Roman "Die befreite Braut" beleben. Teil jenes Mit- und Nebeneinanders von Menschen, die
E. L. Doctorow führt mit seinem Roman "Der Marsch" in das Wüten im amerikanischen Bürgerkrieg.Antebellumhäuser nennt man jene Villen im Süden der USA, die das Wüten der Jahre 1861-1865 überstanden haben. Demokratische Yankees kämpften damals, so lernte man, gegen die aristokratischen Baumwollpflanzer des Südens. Der Norden marschierte im Namen der Menschenrechte und für die Abschaffung der Sklaverei, vor allem aber um die Union zu erhalten. Der Süden - mit Sklaverei und Baumwolle reich geworden - kämpfte bis aufs Blut. Der Krieg, in dem Abraham Lincoln gegen die Abspaltung der
Kritische Anmerkungen zu Annäherungen der Theologen an die Literatur.Theologinnen und Theologen müssten eigentlich eine Affinität zur Literatur haben, sagte mir unlängst ein Lyriker in einem Gespräch über Theologen und Germanisten. Theoretisch hat er Recht. Wenn man sich so umhört, bekommt man aber eher den Eindruck, dass sie in der Praxis lieber Handbücher lesen. Wenn überhaupt. Auch in theologischen Veröffentlichungen spielt Literatur noch viel zu selten eine Rolle. Dabei würde Literatur so viel erzählen: von der Welt, in der schließlich auch die Theologen leben, von Menschen
In einem Sanatorium in Kierling/Klosterneuburg starb 1924 ein
bedeutender deutschsprachiger Autor: Franz Kafka. Ein Studien-und
Gedenkraum erinnert daran.
Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Serbien: drei Staaten eines nun getrennten Sprachraums, in dem auch die Literatinnen und Literaten mit den Folgen des Kriegs konfrontiert sind.Mitte der 90er-Jahre kam der Krieg und mit ihm die Wirklichkeitsprosa, erzählten kroatische Autorinnen und Autoren vergangenen Samstag Abend in Split. Zuvor wäre die kroatische Literatur postmodern gewesen und neuerdings lebten Beziehungsgeschichten auf # doch jede Beziehung kann ja im Kleinen von den Problemen des Miteinanders im Großen erzählen. #Wir müssen uns engagieren, weil uns das die Wirklichkeit
Geboren in Kapstadt, aufgewachsen in der südafrikanischen Provinz,
lebt der Literaturnobelpreisträger J. M. Coetzee heute in Australien.
Rechtzeitig zu seinem 75. Geburtstag am 9. Februar erscheinen seine
drei autobiografischen Prosatexte überarbeitet als Sammelband.
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Wer keine Reise tut, aber auch. Reise zu den phantastischen und doch realen Ländern der Literatur. Vorabdruck aus "Schrift ahoi!"
"Wenn Sie das Buch öffnen, trägt Sie der fliegende Teppich über Städte und Wüsten und Meere hinweg zu einem geheimnisvollen Palast", schreibt Thomas Hürlimann über das Lesen in seinem jüngsten Buch "Der Sprung in den Papierkorb". Wozu springen Leserinnen und Leser in Bücher, in erfundene Sprachwelten? Vielleicht deshalb, weil Geschichten am Leben erhalten? Scheherazade wusste das: sie erzählte sich durch 1001 Nacht - und rettete ihr Leben. Weil jeder Spruch ein Spruch gegen den Tod ist, wie Elias Canetti einst schrieb?Der amerikanische Schriftsteller Paul Auster lässt in seinem
Karin PeschkaGeboren in Eferding, Sozialakademie Linz, lebt in Wien. Romane: "Watschenmann" (2014),"Fanni-Pold"(2016). Am 11.11.2017 liest Karin Peschka auf der BuchWien. Infos: buchwien.atAuch das Wirtshaus meiner Eltern war voller Geschichten. Ich war immer neugierig, mich interessieren Menschen sehr.Es gibt Leute, die können das am Abend vor dem Bettgehen lesen, und ich kenne welche, die das nur stückweise lesen, sonst wird es ihnen zuviel.In ihrem Erzählband "Autolyse Wien" zeichnet Karin Peschka ein zerstörtes Wien. Menschen wurden von einer nicht näher benannten Katastrophe aus
Patrick Roths Geschichten "Starlite Terrace" erzählen von Versäumtem.Starlite Terrace: das ist ein Apartmentgebäude in Los Angeles, das einen Innenhof hat, in dem sich ein beleuchteter Swimmingpool befindet. Um diesen herum leben die vier Personen Rex, Moss, Gary und June, von denen das Buch "Starlite Terrace" erzählt. Abwechselnd hat jeder von ihnen eine Geschichte zu erzählen, der Ich-Erzähler hört zu.Rex zum Beispiel ist krebskrank und steht kurz vor seinem Tod, was der Zuhörer nicht wissen kann; Moss' Tochter wurde entführt; Gary hat vor Jahren seine Frau vergewaltigt; die alte
Es begann mit der Erinnerung an das Vorjahr, als ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz angekündigt hatte, den Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb vielleicht abzuschaffen -eine Ansage, die sich nach Findung zahlender Kooperationspartner gut inszeniert in Wohlgefallen auflöste. Es gibt ihn also noch, den Bachmann-Preis, und es soll ihn weiter geben -alarmierend waren am Eröffnungsabend der diesjährigen "Tage der deutschsprachigen Literatur" allenfalls die Bilder, in denen die Kärntner ORF-Intendantin von der Veranstaltung sprach, nämlich: "Insel" und "Saurier".Juroren, Autoren und
Lesen ist mehr als Buchstabenentziffern - was in Lesern vorgeht, entzieht sich| der Kontrolle. Lesen wäre dann eine Möglichkeit, sich Freiheit zu bewahren.Neunzig Prozent der Mexikaner waren 1920 Analphabeten, erzählt Carlos Fuentes in seinem "Alphabet des Lebens“. Der erste Minister für Erziehung und Kultur der revolutionären Regierung initiierte daher eine Alphabetisierungskampagne. Man schickte Lehrer aufs Land - dort aber wurden sie an Bäumen erhängt, andere kamen verstümmelt zurück, schreibt Fuentos. Denn die Kampagne war nicht im Interesse der Hacienda-Besitzer, die
"Wer Gedichte von Friederike Mayröcker liest, kann immer wieder neu beginnen und fragen: Was sind Worte? Kann auch fragen: Sind die Worte und Wörter wie Vögel in der Welt unterwegs?" Was Peter Waterhouse in einem wunderbaren Essay über Friederike Mayröckers Gedichte schreibt und fragt (in "Der Fink", Matthes & Seitz 2016), würde man am 8. November gerne als Laudatio gehalten haben. Da erhielt Friederike Mayröcker nämlich - ganz ohne Laudatio - im Kasino am Schwarzenbergplatz den ersten Österreichischen Buchpreis. Der Preis für das beste Debüt ging an Friederike Gösweiner für ihren
Anfang 2014 erfuhr Henning Mankell von seinem Tumor. Sein neues Buch
"Treibsand" ist auch eine Auseinandersetzung mit der schweren
Krankheit. Am 5. Oktober ist der schwedische Schriftsteller 67-jährig
in Göteborg gestorben. Ein Nachruf.
David Guterson traut sich was: in seinem jüngsten Roman erzählt er von einer Marienerscheinung in amerikanischen Wäldern.David Gutersons atmosphärisch dichter Roman "Schnee, der auf Zedern fällt" hat seine Leser mit dunklen Kapiteln der japanisch-amerikanischen Geschichte bekannt gemacht. Weniger historisch aufklärend unterwegs, weniger dicht erzählt ist Gutersons jüngster Roman "Unsere liebe Frau vom Walde", die - wie der Titel richtig vermuten lässt - Geschichte einer Marienerscheinung, eine moderne Version der Bernadette von Lourdes, ins heutige Amerika übertragen. Der Autor hat
Die 36. Tage der deutschsprachigen Literatur gingen vergangenen Sonntag erfreulich zu Ende: mit der Verleihung des renommierten Ingeborg-Bachmann-Preises an Olga Martynova.Von einem rundum gelungenen Vormittag sprach Juror Hubert Winkels, nachdem Olga Martynova am vergangenen Freitag - nach Inger-Maria Mahlke und Cornelia Travnicek - ihren Text gelesen hatte. Auch die anderen Juroren lobten - oder schwiegen. Richtig ausführlich diskutiert wurde nicht, die Juroren schöpften die zur Verfügung stehende Zeit nicht aus - offensichtlich ist es schwieriger, über Texte zu reden, die einem
Im neuen Roman des schwedischen Krimi-Autors Henning Mankell wird nicht gemordet. Um Leben und Tod geht es aber auch bei seinem Blick auf Europas Namenlose und Unsichtbare: auf Immigrantinnen.Noch steht Henning Mankells letzter Krimi "Die Rückkehr des Tanzlehrers" auf den Bestsellerlisten ganz oben und wird in Kennerkreisen als einer seiner besten gehandelt, da kommt schon wieder ein neues Buch des schwedischen Vielschreibers auf den deutschsprachigen Buchmarkt. Mankell-Liebhaber wissen bereits, dass der Regisseur nicht bloß ein exzellenter Kriminalromanverfasser und in dieser Eigenschaft
Clemens Meyer schaut auf die Schattenseite der Gesellschaft.Der Roman beherrscht die literarische Szene. Erzählungen haben es schwerer Beachtung zu finden. Wenn Buchpreise, wie umstritten die Nominierungen und die Preisverleihungen auch immer sein mögen, einen Sinn haben, dann nicht nur jenen, Autoren finanziell zu beglücken, sondern auch jenen, auf Bücher aufmerksam zu machen. Umso erfreulicher, dass immer wieder Erzählbände den Weg in diverse Nominierungslisten finden, wie nun Clemens Meyers "Die Nacht, die Lichter", der für den Preis der Leipziger Buchmesse 2008 nominiert worden
Ein Fotoband lässt Geschichte aus luftigen Höhen lesen.Wer glaubt, Archäologen würden sich nur tief in die Erde hineingraben, irrt. Im Gegenteil erheben sie sich auch gerne in die Lüfte, denn oft wird erst aus der Distanz erkannt, was teils jahrtausendealte Geschichte erzählt.Weit genug entfernt von der Erdoberfläche gibt es zum Beispiel Formationen zu sehen, die durch unterschiedlichen Bewuchs von Getreide sichtbar werden, das verschieden hoch in verschiedenen Farben wächst. Was wiederum auf unterschiedliche Böden hinweist, auf unterirdische Anlagen (wie etwa im abgebildeten Foto).
Jeder Roman ein Schlüssellochroman? Philip Roth spielt mit dem biografischen Lesen und entlarvt die Lüsternheit nach echtem Leben.Ein bekannter Autor schreibt seine Autobiografie und schickt sie an einen befreundeten Schriftsteller, mit der Bitte, ihm mitzuteilen, ob das Buch etwas taugt. Der Freund warnt: "Veröffentlichen Sie es nicht - Sie sind weitaus besser beraten, wenn Sie über mich schreiben, als wenn Sie, akkurat' von Ihrem eigenen Leben berichten."Der Autor veröffentlicht das Buch trotzdem: mit seinem fragenden Brief an den Freund als Vorspann, mit der warnenden Antwort des
Regelmäßig vor Weihnachten werde ich gebeten, Buchempfehlungen auszusprechen, regelmäßig fühle ich mich in solchen Momenten zunächst, als hätte ich im vergangenen Jahr kein einziges Buch gelesen. Das mag an der Menge der eben doch gelesenen Bücher liegen, es hängt aber auch damit zusammen, dass Literaturkritik betreiben etwas anderes ist als Kaufempfehlungen auszusprechen. Werbung und Marketing sind nämlich gerade nicht Aufgabe der Kritik. Empfehlungen richten sich zudem an ganz bestimmte Adressaten: Was man dem einen ans Herz legen mag, das kann für den anderen gar nicht passen -
Mohsin Hamids "Der Fundamentalist, der keiner sein wollte".Amerikakritische oder selbstmitleidige literarische Werke über das Leben in den USA nach 9/11 haben in den letzten Jahren ihren Weg auch auf den deutschsprachigen Buchmarkt gefunden. Wo aber blieben bei all diesen 9/11-Romanen die Stimmen der anderen, der Blick in deren Heimatländer?Mit Mohsin Hamid meldet sich nun ein englischsprachiger gebürtiger Pakistani zu Wort, der jene "beiden Welten" kennt, die plötzlich einander gegenüber standen - auch im Inneren der Menschen. Sein Roman "Der Fundamentalist, der keiner sein wollte" ist
Buch-Reisen in Geschichte und Gegenwart des Mittelmeeres.Wasser, Sonne und Meer, Sandstrände und Felsenküsten, laute, bunte Märkte und dabei noch so manches historische Gustostückerl für Geschichts- und Kunstinteressierte - so lockt das Mittelmeer Jahr für Jahr Scharen von Sonnen- und/oder Kulturhungrigen in den Urlaub ...Nicht um die zahlreichen Angebote von All-inclusive-Hotels und Ferienclubs geht es David Abulafia in seinem Buch über das Mittelmeer, aber durchaus auch um die Expansion der mediterranen Küche in das nördliche Europa, um einen Trend, der nämlich mit diesen
Bücher über Bücher: im besten Fall schmecken sie - nach mehr.Beschriebene Musik sei, spottete einst Franz Grillparzer, wie erzähltes Mittagessen. Umgemünzt auf die holde Kunst des Lesens könnte man formulieren, auch erzählte Lektüre sei wie beschriebene Mahlzeit. Ja und nein. Ja: wie beim Beschreiben eines mehrgängigen Menüs könnte einem im besten Fall wenigstens das Wasser im Mund zusammenlaufen, während man liest, was andere gelesen haben. Aber man geht dennoch nicht unbedingt hungrig fort. Deshalb auch nein: erzählte Lektüre kann nämlich auch die Speise selbst sein. Erzählte
Die „Tage der deutschsprachigen Literatur“ in Klagenfurt bedeuten drei Tage Literatur im Fernsehen. Die Chancen einer solchen Veranstaltung wurden aber nicht so recht genützt.Die „Tage der deutschsprachigen Literatur“ in Klagenfurt mögen „auch in Zukunft laut sein und laut bleiben“: Das wünschte sich der Juryvorsitzende Burkhard Spinnen in seiner Rede nach der Verleihung des diesjährigen Bachmann-Preises am vergangenen Sonntag. Er sprach sich damit gegen jene „Verbesserer“ aus, die meinten, auf die Lesungen der Autoren verzichten zu können. Jeder könne den Text ohnehin im
Weihnachten - das Fest der Liebe? Die Literatur weiß bekanntlich die Abgründe selbst der glücklich wirkenden Familie zu entlarven. Wie Liebe überhaupt, ihr Glücken und ihr Scheitern, das Thema der Literatur ist und bleibt. Und das Geschäft mit der Sehnsucht rentiert sich: Beziehungsgeschichten sind und bleiben Goldgruben. Die Schablonen, die dabei wieder und wieder erfolgreich angewandt werden, konstruieren auch unsere Vorstellung von Liebe. Die Soziologin Eva Illouz hat in ihrem neuesten Buch "Warum Liebe weh tut" (Suhrkamp 2011) auf diesen Zusammenhang hingewiesen.Wer aber beim
Vor 200 Jahren, am 7. Februar 1812, wurde Charles Dickens geboren, bekannt durch seine langlebigen Figuren und sozialkritischen Werke. Dickens selbst wusste sich bestens zu vermarkten.
Eine „ständige Vorrede“ sei eine Reise, „ein Vorspiel zu etwas, was immer erst noch kommen muss und immer erst noch hinter der Ecke wartet“. Das behauptet Claudio Magris, der im Oktober den „Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2009“ erhalten wird, in seinem Band „Ein Nilpferd in Lund“: „abreisen, ankommen, zurückkehren, die Koffer packen und wieder auspacken, im Notizbuch die Landschaft festhalten, die während der Durchreise entflieht, zerbröckelt und sich neu zusammenfügt wie eine Filmsequenz mit ihren Überblendungen und neuen Einstellungen oder wie ein Gesicht,
Kein Ende der ErzählungScheherazades Erbschaft nennt Volker Klotz in seinem Buch "Erzählen" den Fortsetzungsroman, der um 1840 in wichtigen Pariser Zeitungen aufgekommen war. Aus Berechnung schneidet der Autor seine Erzählfäden genau dort ab, wo es dem in die Lektüre versunkenen Leser besonders weh tut. Die "narratio interrupta" sorgt für lustvolle Qual des Wartens. Wie einst der Sultan harren nun die Leser des Fortgangs der Erzählung. Scheherazade freilich erzählte um ihr Leben, jene Autoren um Folgeaufträge und ihren literarischen Marktwert.Was die Fortsetzungsgeschichte deutlicher