Gertraud Klemm - © Foto: picturedesk.com  / dpa Picture Alliance / Anke Waelischmiller

Vom radikalen ­Überschreiten roter Linien

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Gertraud Klemm holt in ihrem neuen Roman zu einem ­gesellschaftspolitischen Rundumschlag aus und prangert die Marginalisierung von Frauen im Kunst- und Kulturbetrieb an.

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Gertraud Klemm holt in ihrem neuen Roman zu einem ­gesellschaftspolitischen Rundumschlag aus und prangert die Marginalisierung von Frauen im Kunst- und Kulturbetrieb an.

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Denkmäler, Preise oder Ehrungen sind keine Selbstverständlichkeit. Dass manchen Künstlern und Künstlerinnen eine angemessene Resonanz für ihr Schaffen zuweilen erst posthum und auch dann oft nur rudimentär zuteil wird, sollte heute eigentlich kein geschlechtsspezifisches Phänomen mehr sein.

Die österreichische Autorin Gertraud Klemm präsentiert in ihrem neuen Roman „Hippocampus“ radikalen feministischen Aktionismus als Protest gegen die lange Marginalisierung von Frauen im Kunst- und Kulturbetrieb.

Dafür findet Klemm einen ungewöhnli­chen Weg. Ihre Spurensuche beginnt mit dem Tod der Autorin Helene Schulze, einer „Vertreterin der feministischen Avantgarde“. Zahlreiche „Stolpersteine“ in ihrer Biografie haben sie zu einer vergessenen und unbekannten Künstlerin gemacht, obwohl sie gerade jetzt posthum mit dem Roman „Drohnenkönig“ auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises gelandet ist. Elvira, Helenes frühere WG-Freundin, wird mit der Sichtung und Aufarbeitung des künstlerischen Nachlasses betraut. Natürlich begnügt sich Elvira nicht mit konventionellen Fernsehinterviews, um Helene ins rechte Licht zu rücken, sondern sie überschreitet mit durchaus „krimineller Ener­gie“ ebenso provokant wie radikal rote Linien als Zeichen feministischen Widerstands. Elvira rekonstruiert damit Helenes künstlerischen und persönlichen Weg und macht die Verletzungen in deren Leben sichtbar. Die mit dem Hippocampus signierten Aktionen sollen, wie Elvira meint, „einen Spalt erzeugen, durch den Luft und Licht dringt“.

Klemm erzählt das Geschehen abwechselnd aus der Perspektive zweier Figuren. Neben Elvira gibt es auch noch den jungen, mittellosen Kameramann Adrian, der ihr bei der Installation dieser „Erregungsskulpturen“ als Assistent zur Seite steht. Im Kaiserbader Kurpark werden zum Beispiel die Denkmäler der beiden Operettenmusiker Lanner und Strauß mit Perücken, Schildern und Büchern zu Statuen für Marlene Streeruwitz und Bertha von Suttner umfunktioniert.

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