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Wenig Neues vor Neujahr

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Das neue Jahr ist, im Theater, mit einem Nachruf zu beginnen. Das .Studio der Hochschulen“ in der Kolingasse ist nicht mehr. Fünf Jahre Kampf sind zu Ende. In dieser Zeit hat diese kleine Bühne Wien eine Fülle von Erst- und Uraufführungen beschert, von jungen Österreichern und alten weltberühmten Dichtern. Oft war es so: während die übrigen Bühnen Wiens sanft plätschernd die Gewässer des Seichten, Trivialen berühren, wurde hier Theater gewagt; als Dichtung, als Herausforderung, als Bekenntnis. Unser Wiener Studio hatte sich in diesen fünf Jahren den ersten Rang unter den Studentenbühnen Europas erkämpft, eine Tatsache, die zum Ausdruck kommen sollte 1951 beim Europakongreß der Studentenbühnen unter seiner Führung in Wien. Das Wiener Studio ist nicht mehr. Es ist gescheitert am Unverstand, an der Trägheit weitester Kreise '...

Wie schwer sein Ausfall wiegt, zeigt die letzte Premiere der Insel. .Passagier sieben“ von H. Schilling. Dieses Atombomben-problemstüdc ließe sich vielleicht von einem Studio entwickeln, didaktisch, hämmernd, von der Rhetorik junger Menschen getragen: als ein Versuch, ein Experiment. Da es sich aber durchaus wie ein normales Bühnenstück gebärden will, wirkt es anfangs fast rührend, zuletzt peinlich. Die apokalyptische Frage der Verwendung der Atombombe: verwandelt in eine Schiffskomödie, die zwischen Gartenlaube, Gespensterulk und Ein-Scfailling-Reißer schlingert (um heim schwankenden Schiff zu bleiben). In die Hand von sieben Passagieren ist das Schicksal der Welt in Gestalt der entführten Superbombe gelegt. Ein netter, hohläugiger, sehr langer Junge, der sie an Bord gebracht, rudert schließlich mit ihr ins Nichts... Der vermessene Mut des Autors erinnert an den gewisser .christlicher“ Dichter und Künstler: je kleiner das Talent, um so größer der Vorwurf, das Thema, an das sie sich wagen.

.Nicht zuhören, meine Damen!* — Ein Sascha-Guitry in der Josef-stadt. Die Kunst einiger unserer besten Charakterdarsteller (Edthofer, Rosar . . .) schleppt die Komödie mit viel Geschick über die vorgeschriebenen Runden. Ein Ringkampf der Rollen mit dem Autor, dem nichts mehr einfällt, nachdem er sie auf die Bühne entlassen hat. Mit hoher Kunst spinnen sie, die .Rollen“ (der charmante ältere Herr, seine zwei Frauen/ der verträumte junge Mann), das Garn zu Ende, diskret bestrebt, den Autor und das Publikum nicht merken zu lassen, daß dieses Kreiselspiel um nichts geht.

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