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Architekturstatistik

19451960198020002020

MODERNE ARCHITEKTUR IN EUROPA. Vo n G. E. Kidder Smith, bearbeitet und aus dem Amerikanischen von Hermann Bauer. 389 Seiten, 252 Abbildungen, Piper-Paperback. Preis 14.80 DM.

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MODERNE ARCHITEKTUR IN EUROPA. Vo n G. E. Kidder Smith, bearbeitet und aus dem Amerikanischen von Hermann Bauer. 389 Seiten, 252 Abbildungen, Piper-Paperback. Preis 14.80 DM.

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Bei diesem Buch kommt es auf den Gesichtspunkt an. Da es mit bemerkenswerter Sicherheit 230 europäische Bauten seit 1945 aufzählt, erlaubt es den Tiefstand österreichischer Architektur auch manchem zu beweisen, der es vielleicht sonst, nicht geglaubt hätte (Österreich ist unter 16 Ländern mit fünf Beispielen vertreten).

Aber das Buch gibt nicht nur Aufzählung, sondern auch kritische Würdigung; und die Lektüre enthüllt bald ihre Problematik. Da sich die Auswahl nicht — wie etwa ein Reiseführer — auf kunstgeschichtliche Literatur oder „anerkannte“ Qualität stützen kann, muß sie auf persönlichem Urteil beruhen. Eben darum ist nicht Subjektivität, sondern ihr Mangel verwerflich. Glaubwürdige Kritik macht das Objekt nicht zu ihrem Zweck, sondern zu ihrem Mittel, nimmt es nur zum Anlaß und Beispiel für den Gedanken. 230 Beispiele aber erdrük-ken die Dialektik von Standpunkt und Urteil, die die Kritik verbindlich macht; jedes weitere „Urteil“ läßt den Standpunkt unkenntlicher werden.

Was nützen uns — um bei den österreichischen Beispielen zu bleiben — Aussagen wie diese: „Das Innere ... (von Rainers Stadthalle) wurde zum Opfer seiner eigenen Vielseitigkeit; besonders die Decke mit ihrem Durcheinander von Beleuchtungen und übrigen notwendigen Vorrichtungen.“ Wörles und Fellerers Gänsehäufel „wirkt sehr regelmäßig, vielleicht sogar ein wenig starr“. Windbrechtingers Volksheim in Kapfenberg ist „regelmäßig“. „Das Äußere der Kirche (der Arbeitsgrupppe 4 in Parsch) erscheint... ein wenig unproportioniert.“ Die positiven Bemerkungen bleiben natürlich noch allgemeiner. Aber wer weiß, ob nicht gerade solche „Mängel“ in anderer Betrachtungsweise Qualitäten sein könnten? Der Europabrücke rühmt Kidder Smith „die rein technische und ornamentlose Formulierung“ nach. Er ist naiv und weiß nicht, welch verwickelte Prozesse von Vorurteilen, Rücksichten, Ideologien, Interessen, Intrigen vor sich gehen müssen, bis Banalität zu solcher Kristallform gedeiht. Aber nicht das Fehlurteil, sondern eine Methode ist verwerflich, die nur das Objekt betrachtet und es unterläßt, die ihm zugrunde liegenden Motive zu analysieren — und dadurch die eigenen darzulegen.

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