Panzerkreuzer Potiomkin

Reinhard Baumgart, bekannt durch seinen Roman „Der Löwengarten” und seine Arbeit über die Ironie bei Thomas Mann, hat in seinem Erzählband wieder ein Beispiel einer wunderbar zuchtvollen Prosa gegeben. Er kennt die moderne Erzähltechnik, weiß sie aber über das bloß Ästhetische hinaus zu verlebendigen. Seine Phantasie meidet die Weitschweifigkeit, übt aber durch ihre Beherrschtheit eine faszinierende Wirkung auf die Phantasie des Lesers aus. Die Andeutungen besitzen eine Strahlkraft, die genau gesetzten und gestalteten Einzelheiten verdichten sich im Geist des Lesers zu einem intensiven Gesamteindruck. Gerade die Erzählung, die dem Band den Namen gab, ist beispielhaft. Und der „Nachruf” ist der glänzende Einfall eines Dichters, eine Poetik nicht zu dozieren, sondern am Material zu exemplifi zieren und so die nuancenreichen Bezüge des ästhetischen Scheins zur Wahrheit und Wirklichkeit durchzuspielen.

Genau hier, könnte man meinen, setzt die erste Erzählung Edzard Schapers an und führt die Bezüge schon durch ihren Titel „Schattengericht” weiter zu den Wertordnungen. „Wirklichkeit kann über Jahr und Tag wieder von uns eingefordert werden”… „das bedeutet eine Bezugsetzung zur Menschlichkeit überhaupt”. Der Dichter ist nach Schaper Schöpfer und zugleich auch Schuldner seiner Figuren, damit auch seiner Leser. Die Sujets gewinnt Schaper aus der eigenartigen Welt östlichen Menschentums, das ihm aber die Möglichkeit bietet, in bohrenden Fragen und meditativen Untersuchungen dem physischen und metaphysischen Sinn seiner Schicksale nachzuspüren.