Zwar getauft, aber ...

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Thomas Hürlimann erzählt von zwei nicht unsympathischen Menschen.

Was ergibt es, wenn eine stilsichere Pianistin namens Marie Katz und ein einfacher Mann namens Max Meier, den die Macht anzieht, einander ehelichen? Eine Erfolgsgeschichte, denn Wille, Kraft und Eleganz ergeben hier eine Einheit. Machtwille und ein wenigstens "leichtes Make-up", das ist überzeugender als primitives Gleichschalten, zum Beispiel zwecks prügelnder Bodyguards.

Aber darum geht es in Thomas Hürlimanns Vierzig Rosen dann gar nicht, sondern um jene Beziehung, die jährlich mit den titelgebenden Rosen zelebriert wird, eine Beziehung zweier nicht unsympathischer Menschen. Und die wird gründlich geschildert, aber auch treffend - so steht der Sohn des Paares schläfrig, "eine aufrechte Horizontale", hat aber auch das Zupackende des Vaters, ist ein "Menschen-, hauptsächlich ein Frauenfischer" ...

Das Aber dahinter

Nun bereichern die beiden Menschen einander aber nicht nur, sondern kontaminieren einander - zwar bewegt sich Marie am diplomatischen Parkett so, wie es ihr Name etwas aufdringlich schon nahe legt, doch zuhause "droht[e] sie ihre Parkettsicherheit immer öfter zu verlieren". Und damit ist auch das Zentrum des Romans angegeben, denn nicht nur macht das kluge Agieren aus der Tiefe des Raums (wie Beckenbauer oder Benedikt XVI.) den Gemahl der Katz zum Erfolgsmenschen, auch sonst ist sie das Gravitationszentrum der Handlung. Interessant macht sie, "daß hinter der Katz [...] ein Aber stand. Zwar getauft, aber... Zwar katholisch, aber... Zwar eine gute Pianistin, aber von der Orgel müssen wir sie fernhalten, dazu fehlt ihr die entscheidende Voraussetzung: das heilige Feuer."

Also: "Marie Katz, die Künstlerin", neben der der tüchtige selfmade-man Meier samt Studium verblasst. Das ähnelt übrigens dem Cover des Romans, wo eine Rose von Ferdinand Hodler durch Beate Becker mit einer Schere viel sagend in Szene gesetzt ist.

Wasserball-Coach

Dem folgen viele Einfälle, die das Groteske ins Denkbare leiten und umgekehrt, so war Katz' Vater "in der Sahara [...] Wasserball-Coach. Wie bitte? Wasserball-Coach?! In der Sahara?!?" In der Tat wäre das nur besser, wenn es als selbstverständlich stünde: Fußballer in Österreicher. Aber da ist die Gründlichkeit Hürlimanns fast schon im Weg, er könnte auch nicht sagen: Improvisateur in der Schweiz. "Wenn der Liebe Gott Schweizer gewesen wäre, würde er heute noch auf den richtigen Moment warten, um die Welt zu erschaffen", sagte Hugo Loetscher einmal.

Am Ende steht eine Art von Erfolg - vielleicht der, eines geworden zu sein, nämlich vorm Leser. Denn so plastisch Katz und so blass Meier auch sein mögen, etwas ist Fragment, als es heißt: "Kein Max! Kein Kuß, keine Umarmung; kein: Marie, da bist du ja endlich!" "Keine Reaktion. Kein Max. Niemand." Der Erfolg, das Machen: "Wir haben die Zeit herausgefordert", so sagt Marie Katz - und erträgt darob den Anblick ihres Hallux nicht, "da schälte sich das Skelett hervor ..."

So endet alles, aber, keine Angst, nicht das Leben von Max. Und es endet ein seltsamer Roman, der zwar manchmal noch leichter wirken könnte, aber meistens, ja: einfach stimmt.

VIERZIG ROSEN

Von Thomas Hürlimann

Ammann Verlag, Zürich 2006

363 Seiten, geb., Euro 20,50

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