Dürrenmatt goes USA

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DAS VERSPRECHEN - The Pledge

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DAS VERSPRECHEN - The Pledge

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Ein pensionierter Polizist ist besessen von der Idee, den grausamen Mord an einem kleinen Mädchen aufzuklären und zerbricht schließlich daran. Ein kunstvoll inszenierter, spannender Film, der den Thrill hauptsächlich über die Beziehungen der Figuren zueinander entwickelt und seine Bilder vielschichtig gestaltet. Ab 16.

Der Polizist Jerry steht kurz vor der Pensionierung, als ein kleines Mädchen bestialisch ermordet wird. Als Verdächtiger wird ein geisteskranker Mann festgenommen, der den Mord gesteht und sich kurz darauf erschießt. Jerry, der der Mutter des Mädchens bei seinem Seelenheil geschworen hat, den Mörder ausfindig zu machen, hat von Anfang an das Gefühl, dass dieser Mann es nicht gewesen ist. Er beginnt auf eigene Faust zu ermitteln und kann bald zwei ähnlich gelagerte Fälle mit dem Mord in Zusammenhang bringen.

Jerry kauft eine Tankstelle an einer wichtigen Straße in dem Gebiet, in dem er den Mörder vermutet, und freundet sich mit der Mutter eines Mädchens im Alter der Opfer an, die schließlich mit ihrem Kind zu ihm zieht. Immer mehr verdichten sich die Hinweise darauf, dass die kleine Chrissie dem Täter schon begegnet ist, schließlich verabredet sie sich mit einem Mann zu einem Treffen im Wald. Jerry kann seine ehemaligen Kollegen noch einmal mobilisieren, der Mann, der kurz zuvor einen Unfall gehabt hat, kommt aber nie. Jerry bleibt alleine zurück.

Dies ist bereits die zweite Verfilmung einer Romanvorlage von Friedrich Dürrenmatt, diesmal mit einem grandiosen Jack Nicholson in der Hauptrolle und unter der Regie von Sean Penn. Penn konzentriert sich dabei nicht so sehr auf den Kriminalfall selbst, er rückt die Person des Ex-Polizisten Jerry in den Mittelpunkt, der von dem Fall besessen ist und schließlich daran zerbricht. Vor Beginn der eigentlichen Geschichte sieht man den ganz in sich versunkenen Jerry, der ungepflegt aussieht und Selbstgespräche führt. Am Ende des Films schließt sich der Kreis wieder: Nun ist erzählt worden, wie es zu diesem Bild gekommen ist. Die Kamera konzentriert sich auf Jerry, auf Menschen, denen er im Laufe seiner Suche begegnet, füllt mit ihren Gesichtern mittels Close-Up die Leinwand und verharrt eine Zeit lang auf ihnen, während das Publikum ihnen zuhört. Dadurch wird eine Intensität geschaffen, die den ganzen Film durchzieht und der man sich kaum entziehen kann.

Der Thrill entwickelt sich hier hauptsächlich über die Beziehung der Figuren zueinander, derer man sich niemals sicher sein kann, und nur nebenbei über einen zu erwartenden Gewaltakt, der noch dazu niemals stattfindet. "Gute" und "Böse" gibt es hier nicht, als mögliche Täter kommen von der Inszenierung her viele in Frage, selbst Jerry.

Penn kann mit einigen guten Ideen zu schönen Bildern aufwarten: Ein Knabe beispielsweise steht in einem verschneiten Wald, rings um ihn ist alles weiß. Dann hastet ein Mann vorbei, springt in seinen Pick-Up und startet den Wagen. Die sich durchdrehenden Räder färben den Schnee schwarz: eine Vorahnung darauf, dass der Knabe nun gleich das tote Mädchen finden wird. Nach einem ähnlichen Konzept ist auch die Szene gestaltet, in der Jerry den Eltern des Mädchens die schreckliche Nachricht überbringt. Die Eltern haben eine Truthahnfarm, in der durch die Schreie der Tiere ein fürchterlicher Lärm herrscht. Wenig später wird der Schrei der Mutter diesen Lärm noch übertönen. Als Jerry zum ersten Mal das Geschäft betritt, in dem der mutmaßliche Mörder - der übrigens den ganzen Film hindurch gesichtslos bleibt - arbeitet, sieht er zu den Glocken hinauf, die durch das Aufschwingen der Eintrittstür zum Läuten gebracht werden: "It rings a bell", irgend etwas macht ihn stutzig, der Gedanke wird aber nicht näher fassbar.

Dürrenmattkenner müssen sich auf eine Verschiebung der Perspektive einstellen, Fans des Genres dürfen sich keine Neuauflage altbekannter Muster erwarten, Liebhabern vielschichtiger Bilder bietet sich hier allerdings ein kunstvoll inszenierter und spannender Film.

USA 2001 - Produktion: Clyde Is Hungry Productions/Franchise Pictures/Morgan Creek Productions/Pledge Productions/Warner Bros. - Produzent: Michael Fitzgerald, Sean Penn, Elie Samaha - Verleih: Warner - Länge: 124 Min. - Regie: Sean Penn - Buch: Jerzy Kromolowski, Mery Olson, nach einem Roman von Friedrich Dürrenmatt - Kamera: Chris Menges - Schnitt: Jay Cassidy - Musik: Hans Zimmer, Klaus Badelt - Darsteller: Jack Nicholson, Patricia Clarkson, Pauline Roberts, Dale Dickey, Tom Noonan, Mickey Rourke, Benicio Del Toro - BBWK: noch offen - Prädikat: -

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