Entlassen nach 24 Jahren - ohne öffentliche Reue

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Das Thema "Rote Armee Fraktion" sei für sie erledigt, sagt Brigitte Mohnhaupt. Deswegen will sie weder öffentlich Reue bekennen, noch überhaupt eine öffentliche Stellungnahme abgeben. Die deutsche Bundesanwaltschaft hat Mohnhaupts Freilassung beantragt und letzte Woche wurde diesem Antrag stattgegeben - das 57-jährige Ex-RAF-Mitglied soll nach 24 Jahren Haft ab 27. März eine Chance auf Resozialisierung bekommen.

Dagegen protestiert seither in Deutschland nicht nur die Hamburger Telefonistin Beate Keller, die 1977 an Bord der Lufthansa-Maschine "Landshut" war, mit deren Entführung RAF-Häftlinge freigepresst werden sollten. In einem handgeschriebenen Brief an den deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler zeigt sie sich "zutiefst empört", da Mohnhaupt entscheidend an der Planung der "Landshut"-Entführung beteiligt gewesen war. Auch Mohnhaupts Komplize Christian Klar habe "jedes Recht auf Gnade verwirkt", so Keller. "Ich habe niemals von Klar oder Mohnhaupt eine Entschuldigung bekommen für die schrecklichsten fünf Tage meines Lebens." Sie wolle nicht erleben, wie ihr die Täter von damals "in der Fußgängerzone begegnen. Wie sie in Talkshows über ihre ,glorreiche Vergangenheit' erzählen - und dafür womöglich noch Geld kassieren dürfen."

Im Sommer 1972 wurde die Studentin Mohnhaupt, die Journalistin werden wollte, zum ersten Mal verhaftet. 1971 hatte sie sich der RAF angeschlossen und für sie Waffen beschafft. Dafür wurde sie zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, von denen sie die letzten Monate in der Haftanstalt Stuttgart-Stammheim verbrachte, auf einer Etage mit den RAF-Anführern Andreas Baader und Gudrun Ensslin. Deren Auftrag gemäß wurde Mohnhaupt nach der Entlassung zur Schlüsselfigur der "zweiten Generation" der RAF.

Als neue Chefin stand sie hinter den Attentaten vom Herbst 1977, auch wenn deren genauer Hergang ungeklärt ist. Sie wurde 1985 wegen Beteiligung an den Morden an Generalbundesanwalt Siegfried Buback, an Dresdner-Bank-Vorstandssprecher Jürgen Ponto und an Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer verurteilt. Mittlerweile gilt als gesichert, dass sie Ponto in dessen Haus persönlich erschossen hat. 1982 wurde sie in einem Wald in Hessen verhaftet; fünf Tage später wurde auch Christian Klar gefasst, dessen Gnadengesuch beim deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler ebenfalls zur neuen RAF-Debatte beitrug. Im April 1985 erging gegen die beiden mit fünf Mal lebenslänglich plus 15 Jahren das bisher härteste Urteil.

Eine deutliche Mehrheit der Deutschen lehnt eine Begnadigung Klars sowie die Freilassung Mohnhaupts ab. Bei einer Umfrage im Auftrag des deutschen Nachrichtensenders N24 sprachen sich 69 Prozent der rund 1.000 Befragten dagegen aus. Obwohl 56 Prozent überzeugt sind, dass von den beiden keine Gefahr mehr ausgeht, begrüßen nur 37 Prozent die Entscheidung zu ihrer Freilassung.

Die deutsche Generalbundesanwältin Monika Harms hingegen verteidigte am letzten Wochenende die vorzeitige Entlassung von Mohnhaupt: "In diesem Land sehen die Gesetze vor, dass im Regelfall niemand für immer im Gefängnis sitzen muss - in Deutschland hat jeder Täter die Aussicht, irgendwann entlassen zu werden." WM/APA

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