Hinter Mauern der Verbitterung

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"In the Bedroom" demontiert ein scheinbar perfektes Familienidyll bis zur finalen Katastrophe.

Es beginnt ganz harmlos: Unter dem Blätterwald eines großen Baumes am Strand von Maine tauscht der behütete Frank Fowler (Nick Stahl) in seinen Collegeferien Zärtlichkeiten mit seiner neuen, um einiges älteren Freundin Natalie (Marisa Tomei) aus. Frank ist ein Einzelkind wie aus dem Bilderbuch: sportlich, umgänglich, ernsthaft. Mit seinem Vater Matt fängt er Hummer auf einem Schiff und kümmert sich liebevoll um Natalies zwei Buben. Mit seiner Liebe zu ihr sickert das schleichende Gift der Dissonanz in die heile Welt der kleinbürgerlichen Fowler-Familie. Und Regisseur Todd Fields erhöht unerbittlich die Dosis. "In The Bedroom" demontiert das Familienidyll bis zur katastrophalen Tragödie. Franks Vater Matt (Tom Wilkinson) betrachtet wohlwollend die Rundungen Natalies, gibt sich verständnisvoll und freundlich, während das verbindliche Lächeln der Mutter vor der neuen Freundin zur eisigen Grimasse gefriert. Sissy Spacek läuft in der Rolle der verhärmten Lehrerin Ruth zwischen dem Bemühen um Toleranz und der verzweifelten Angst um den Sohn zur Hochform auf. Das Konfliktpotential hinter der heilen Fassade kündigt sich schon beim Grillfest an, das die Fowles für Natalies Sohn veranstalten. Das schüchterne Angebot der Freundin, in der Küche mitzuhelfen, kann Ruth nicht annehmen. Natalie lebt in Scheidung. Als ihr Exmann Richard (William Mapoter) auftaucht, sind die Weichen Richtung Unheil endgültig gestellt. Der Keil wird immer tiefer in die Familie getrieben.

Funkstille

Die besorgte Ruth scheitert an der Kommunikation mit Sohn und Gatten. Sie flieht in den Chor, mit dem sie Volkslieder einstudiert. Frank flieht zum Hummerfang und zu Natalie. Als ihr wieder einmal die häuslichen Probleme und das dauernde Auftauchen Richards über den Kopf steigen, verlässt Frank wie so oft sein Jugendzimmer und eilt ihr zu Hilfe. Die Situation eskaliert: Der eifersüchtige Ex-Mann erschießt den jungen Nebenbuhler. Franks Vater erfährt die Tragödie am Telefon in seiner Ordination, ein trauriges Volkslied aus Ruths Chor eilt ihm wie ein Requiem in der Tonspur voraus, während er durch die leeren Gänge der Schule zu ihr vordringt. Szenen wie diese machen die Stärke von "In the Bedroom" aus. Es ist die Stille zwischen den Menschen, die hier thematisiert wird. Es ist das lange Schweigen, das zur Gewalt hinführt. Matt und Ruth sind unfähig, miteinander über den Tod des einzigen Sohnes zu sprechen. Er trinkt, sie raucht und wird zum stillen, verkörperten Vorwurf. Unter der Oberfläche des schmucken Einfamilienhauses brodeln Aggressionen, zwischen dem gefassten Herzeigepaar wächst die Mauer der Verbitterung und der Ressentiments. Sissy Spacek und Tom Wilkinson sind die tragenden Stützen dieses Films: ihre Gesichter sagen alles. Zwischen den Worten, im Schweigen entwickelt sich das Drama. Weit über zwei Stunden, keine Minute zu lang, nimmt sich Todd Field Zeit, die Charaktere von Ruth und Matt auszuleuchten - bis auf den tiefsten Grund der menschlichen Seele, zum grausam konsequenten Ende.

USA 2000. Regie: Todd Field. Mit Tom Wilkinson, Sissy Spacek, Nick Stahl, Marisa Tomei. Verleih: United International Pictures. 135 Min.

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