Keine abgebildete Wahrheit

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Auch am Olymp der Pressefotografie gibt es Kritisches anzumerken (siehe nebenstehende Überlegungen zu "World Press Photo 08"). Dies sind aber geradezu elitäre Diskussionen, vergleicht man die Problematik der "Ästhetisierung des Leidens" mit den Niederungen, in denen sich der heimische Boulevard beim Umgang mit Bildern befindet.

Konkret gesprochen: Beide Werner-Faymann-Herbeischreiber - die diesbezüglich penetrante Krone ebenso wie das halb kostenlose Österreich - nehmen es ganz und gar nicht genau, wenn es um seriöse Bildberichterstattung gehen sollte. Die Krone beschnitt bekanntlich, um Ursula Plassnik einmal mehr in den Schmutz zu ziehen, das Bild, auf dem die Außenministerin gemeinsam mit dem Kanzler den EU-Vertrag von Lissabon unterzeichnet, so, dass nur Plassnik darauf zu sehen war. Diese Impertinenz wurde bekanntlich hämisch kritisiert. Aber Hans Dichand ist generös, und so druckte sein Blatt - natürlich ohne auf die Kritik Bezug zu nehmen - letzten Sonntag das ganze Bild ab. Bekanntlich ist Gusi ja nicht Werner und hat außerdem "politisch das Handtuch geworfen" (© Krone), da kann er ja getrost mit Oberfeindbild Ursula geprügelt werden.

Letzten Sonntag schoss aber Österreich den Vogel ab: Obwohl ein erklecklicher Teil von Österreich (das Land, nicht das allzu bunte Tagblatt!) das TV-Duell Van der Bellen-Faymann gesehen hat und also weiß, dass der Grüne links und der Rote rechts von der Moderatorin saßen, druckte Österreich das Bild auf Seite 1 (!) spiegelverkehrt ab. Denn nur so, dachten sich die Österreich-Macher offenbar, kommt Faymann als Siegertyp zur Geltung.

Solches Vorgehen ist nach allen journalistischen Regeln inakzeptabel. Dass die TV-Zuschauer solcherart auch noch für dumm verkauft werden, zeigt außerdem, dass Österreich nicht nur von der abgebildeten Wahrheit, sondern auch von seinen Lesern nichts hält. Otto Friedrich

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