Nostalgie - schlichtweg zu kurz

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Die Brücke von Ambreville - Un pont entre deux rives

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Die Brücke von Ambreville - Un pont entre deux rives

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Eine Frau verlässt ihren Mann wegen eines anderen. Mit dieser schlichten Inhaltsangabe ist schon viel der manifesten Handlung erfasst, im Vordergrund stehen hier mehr die Umstände und Details: die aufwendige Ausstattung und die nostalgische Farbgebung, die den Film in die sechziger Jahre versetzen und die wenigen aber deutlichen Symbole wie der vergebliche Versuch, einen Faden einzufädeln oder Reisende, die sich an einer Tankstelle treffen, aber in verschiedene Richtungen unterwegs sind. Ein ruhiger und schön anzuschauender Film, der in der Charakterzeichnung teilweise sorgfältiger sein könnte und für den breiten Erzählfluss schlichtweg zu kurz ist. Ab 14.

Fünfzehn Jahre lang ist Mina (Carole Bouquet) bereits verheiratet und obwohl es ihr selbst wohl nicht klar ist, sind die häufigen Kinobesuche, die sie mit ihrem 15-jährigen Sohn unternimmt, eine Flucht aus dem allzu pragmatischen Leben, das sie mit ihrem Mann George (Gerard Depardieu) führt. Doch eines Tages, als gerade die West Side Story auf der Leinwand zu sehen ist, bemerkt sie, dass nicht nur sie, sondern auch der Mann neben ihr weint - und ganz anders als George nicht davor zurückschreckt, seine Gefühle zu zeigen. Mina und Matthias (Charles Berling) verlieben sich sofort ineinander und für Mina werden die seit langer Zeit verdrängten Sehnsüchte wieder wach und möglicherweise sogar realisierbar.

Das Bemerkenswerte an der geradlinigen Geschichte ist, dass Mina eigentlich kaum daran zweifelt, dass sie die Chance, ihr Leben zu verändern, auch ergreifen wird. Zwar beginnt alles als heimliche Affäre, aber es ist von Anfang an klar, dass sie nie wieder in ihre alte Position zurückkehren wird. George kämpft von Anfang an auf verlorenem Posten - ganz so wie es ihm in einer der recht aufdringlichen Symbolszenen bei einer wichtigen Unterredung mit seinem Sohn nicht gelingen wird, das Nähgarn einzufädeln.

Mina, die zu früh geheiratet hat und noch die Träume ihrer Jugend verwirklichen will und Matthias, der ein erfolgreicher und weitgereister Mann ist, der weiß, was er will, sind klar gezeichnete Charaktere. George hingegen erweist sich als unwahrscheinliche Mischung. Einerseits hat er früher einen Betrieb mit drei Mitarbeitern geführt, andererseits betont er jeden Moment seine Verwurzelung im Arbeitermilieu und zieht seine blaue Arbeitsjacke am liebsten gar nicht aus - weder wenn er den ganzen Tag in der Kneipe sitzt, noch wenn er mit dem Zug von der Arbeit nach Hause fährt. Meist spricht er nicht sehr viel, aber wenn er seine Gefühle doch einmal darstellen will, wird er auf einen Schlag zum feinsinnigen Poeten.

Um das Jahr 1962, in dem sich das kleine Familiendrama abgespielt hat, wieder lebendig werden zu lassen, wurde der Film sehr aufwendig ausgestattet und auch bei der Verarbeitung des Filmmaterials haben Depardieu und Frederic Aubertin sich erlaubt, dem Film nicht die Farbbrillanz zu geben, die auf dem heutigen Stand der Technik möglich gewesen wäre - eher modisch als formal begründet, aber vielleicht kann so der eine oder andere seiner Sehnsucht nach den frühen Sechzigern freien Lauf lassen.

Kaum hat Mina George schließlich verlassen, befinden wir uns auch schon in der sinnigen Schlussszene, in der sich zwei Reisende auf einer Tankstelle treffen, dabei aber in verschiedene Richtungen unterwegs sind.

Verblüfft stellt man fest, dass ein längerer Zeitraum vergangen sein muss und ist verwundert, dass auch der Film schon ein Ende hat - unverständlich, denn für eine in diesem Rhythmus erzählte Geschichte ist die Standardlänge einfach zu kurz.

Frankreich 1999 - Produktion: DD Productions, TF1 Production - Produzenten: Jacques Bar - Verleih: Filmladen - Länge: 92 Min. - Regie: Gerard Depardieu, Frederic Aubertin - Buch: Francois Dupeyron - Kamera: Pascal Ridao - Schnitt: Noelle Boisson - Musik: Frederic Aubertin - Darsteller: Carole Bouquet, Gerard Depardieu, Charles Berling, Stanislas Crevillen, Dominique Reymond, Melanie Laurent, Michele Goddet

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