Protest eines Baukünstlers

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Im "Gedankenjahr" boomt das Geschäft mit tv-Dokus über die Nazi-Zeit. Der Unterhaltungsfaktor spielt dabei eine immer größere Rolle. Ein entsprechendes Überangebot an Zeitgeschichte-Dokumentationen fand sich erwartungsgemäß auch vergangenen Sonntag, am 60. Jahrestag der Kapitulation Hitler-Deutschlands, im Fernsehprogramm.

Der orf scherte aus dem Trend ausnahmsweise etwas aus und zeigte "Speer' gegen Speer". In dieser weniger massentauglichen, aber nicht minder spannenden Co-Produktion zwischen orf und arte dokumentiert Doris Fercher ein Projekt des Grazer Architekten Günther Domenig in Nürnberg: am dortigen ehemaligen Reichsparteitags-Gelände gestaltete er einen Teil der gigantischen Kongresshalle des ns-Architekten Albert Speer um.

Die halbstündige Doku ist zum Großteil ein filmischer Rundgang durch das heutige Dokumentationszentrum im Nordflügel der Kongresshalle. Es geht um den Kontrast zwischen Hitlers Leibarchitekten Speer und dem Baukünstler Domenig: Speers steinerne Monumentalbauten sollten das "Tausendjährige Reich" symbolisieren - Domenig intervenierte, indem er den Nordflügel der riesigen Kongresshalle mit Stahl- und Glaskonstruktionen in schiefen Winkeln versah.

Auch das Schicksal des Architekten Domenig selbst kam zur Sprache. Er sei durch seinen Vater "radikal nationalsozialistisch erzogen" worden, wie er selbst schildert. Später wandte er sich zuerst gegen die Ideologie, dann auch gegen die Architektur des Nazi-Regimes, wie die Zuseher erfahren. Eine Dokumentation, die nicht einfach die Gräuel des Nazi-Terrors massenwirksam aufbereitet, sondern aufzeigt, wie sich ein Künstler kreativ mit einem Nazi-Monument auseinander setzt. Ein öffentlich-rechtlicher Sender könnte so etwas öfter bringen.

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