Schlechter Voyeurismus

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Vorhang auf. Erster Akt. Ist es das Verlies eines alten Schlosses oder eine Baustelle am Küniglberg? Zwischen Bruchmauern und auf steinigem Boden haben im dezenten Licht flackernder Kerzen die Protagonisten Platz genommen: Vera Russwurm und "Alina Look", Pseudonym einer Frau, die "ihre Kinder als Hure ernährte" (orf-Insert). Schicksalstag heißt das groteske Stück. Ihren "wahren Namen sagen wir nicht, um die Unternehmerfamilie nicht preiszugeben", der die Frau angehöre, erklärt Vera gewissenhaft. Verständnisvoll dreinblickend kitzelt sie "Frau Look" die Abgründe ihres Lebens heraus. Vera ganz in Weiß und Alina ganz in Schwarz, damit das Publikum nicht vergesse, wer gut und wer böse ist.

Zweiter Akt. Der "American Dream" (orf): Vera im Gespräch mit einem ehemaligen Schirennläufer. Er machte aus einer "No-Name-Apotheke" einen Kosmetik-Konzern, dessen Verkauf ihm hunderte Millionen Dollar einbrachte. Im Gegensatz zu Arnie Schwarzenegger weist die Biografie dieses Dollarmillionärs aber keine "Kontinuität" auf, wie Vera hintergründig analysiert. Als peinliche Draufgabe Einblendungen vom Privatjet des Unternehmers, der "in seinem Herzen bis heute der bescheidene Tiroler Bauernbub geblieben" (orf) ist. Zum Ausklang eine Quasi-Werbeeinschaltung für einen orthopädischen Schuh, der neuesten Erfindung des gewieften Geschäftsmannes.

Dritter Akt. Ort der Handlung: unter freiem bayerischen Himmel, in der Nähe des päpstlichen Geburtshauses. "Wir sind Papst", titelte einst die Bild-Zeitung. "Mein Cousin ist der Heilige Vater", entlockt nun eine sonnenbebrillte Vera einem Stadtpfarrer.

Eher dünn rinnt das Stück aus. Der Vorhang fällt. Veras fragwürdige Lust ist es, dem Voyeurismus Vorschub zu leisten. Nicht einmal das macht sie im Schicksalstag gut.

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