Todesflug des Adlers

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Autor Felix Mitterer und Regisseur Xaver Schwarzenberger ist mit ihrem historischen Film über Andreas Hofer und den Tiroler Freiheitskampf eine packende Deutung der Gegenwart gelungen.

Da die Rückständigen, dort die Aufgeklärten, da noch Mittelalter, dort schon Moderne - dazwischen die Fanatiker, die religiösen und die säkularen. Der Film "Andreas Hofer - Die Freiheit des Adlers" spielt 1809, doch seine Geschichte, seine Akteure, seine unglaubliche Tragik passt in jede Zeit, und am besten wieder in die Zeit seit dem 11. September letzten Jahres. Felix Mitterer, der das Drehbuch für den Film über den Tiroler Volkshelden verfasste, gibt "unserer Arroganz, unserer Überheblichkeit, unserer Ausbeutung ganzer Weltgegenden und unserer Dekadenz" die Schuld am Fundamentalismus. Und "so lange wir das nicht verstehen, so lange wir uns nicht ändern", meint der auch schon in anderen Kontexten aufgetretene Mahner und Warner Mitterer, "wird es immer ein 1809 geben - und immer einen 11. September 2001".

Historischer Gegenwartsfilm

Die Dreharbeiten für diesen Film haben kurz nach dem traurig berühmten Unglückstag des letzten Jahres begonnen. Noch unter dem Eindruck dieses Ereignisses ist deshalb ein Gegenwartsfilm in historischen Gewändern entstanden. Sowohl Mitterer als auch Regisseur Xaver Schwarzenberger ist es dabei jedoch gelungen, die Vergleiche und Anspielungen, die Transformation vom Damals ins Heute so zu gestalten, dass sie nicht gekünstelt und mehr gewollt als passend erscheinen. Autor und Regisseur schaffen es vielmehr, Augen und Ohren des Publikums so zu öffnen, dass ihre Erzählung der bekannten Vergangenheit, ihre Wiedergabe der schon so oft gehörten Geschichte vom Tiroler Freiheitskampf, die Gegenwart auf eindrucksvolle, oft überraschende, ungemein einleuchtende Weise auszudeuten und zu erklären vermag.

Volkes Fernseh- und Bühnenliebling Tobias Moretti spielt den Volkshelden Hofer. Einen Hofer der in seine Rolle als Freiheitskämpfer mehr gedrängt wird als dass er selber Engagement für diesen Weg entwickelt. Immer ein wenig überfordert, immer ein wenig hinten nach. Und immer wieder entäuscht, dass seine Mitstreiter zuerst nicht so streiten wie er will und dann nicht zum Streiten aufhören, wann er will. Zwei Theologen stehen Hofer zur Seite, oft, allzuoft aber auch an seiner Stelle. Kapuzinerpater Joachim Haspinger, der eine, ein fanatischer religiöser Fundamentalist, der den Gottesstaat Tirol errichten will. Kajetan Sweth, der andere, ein Theologe, der sich Hofer als Sekretär andient, die liberale, die gemäßigte Fraktion vertritt, letztlich aber zu schwach ist, um den Gang Hofers und mit ihm den des Tiroler Freiheitskampfes in die Katastrophe zu verhindern. Die Feinde, die Bayern, die Franzosen, mit ihrer Überheblichkeit, den "rückständigen Tirolern" ihre Vorstellung von Aufklärung und Modernität aufzuzwingen, bilden die andere Front dieses Krieges.

Grausam - suchte man ein Wort das die Geschichte dieses Films beschreibt, so müsste die Wahl wohl darauf fallen: Tod, Verwüstung, Verzweiflung, soviel Blut, soviel Asche, soviel Schrecken - die kurzen Momente an Glück und Liebe können das Elend davor und danach nicht wettmachen. Starrsinn, Sturheit, Stolz - drei weitere Begriffe, kommen noch dazu. Nach Jahrhunderten zu Tugenden des und der Helden verklärt, zeigen sie im schonungslosen Rückblick dieses Films, dass sie den freien Flug des Adlers zu einem Todesflug werden lassen. Geleitet und gelenkt von anderen wird der Sandwirt Andreas Hofer aus seinem vertrauten Nest gestoßen. Von seinem Höhenflug ist er anfangs selbst überrascht, doch wie er wieder zurück will, verstellen ihm die Gleichen, die ihn zuerst hinauf gedrängt und nach vorn gestoßen haben, den Weg.

Als Lohn für so viel Schrecken wird versprochen, "dass jeder, der fällt unter der feindlichen Kugel, heute noch bei unserem Herrn im Paradies sein wird". So spricht Osama bin Laden noch heute, resümiert Felix Mitterer und fragt: "Lernen wir wirklich nichts? Sind wir wirklich so dumm?"

Andreas Hofer - Die Freiheit des Adlers. Satel/Almaro, ORF, BR und RAI Sender Bozen, 2002, Buch: Felix Mitterer, Regie: Xaver Schwarzenberger, 120 Minuten

ORF-Sendetermin: Sonntag, 27. Oktober 2002, 20.15 Uhr, ORF 2

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