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Mark Dornford May hat "Carmen" nach Kapstadt verlegt - und mit dieser brillanten Idee dem Klassiker um Liebe und Eifersucht neue Aktualität und Kraft verliehen.

Wie sich ein klassischer Stoff in eine andere Zeit und Kultur übertragen lässt, ohne dabei an Spannung und Aussagekraft zu verlieren, das zeigt der Regisseur Mark Dornford-May mit den Mitgliedern der Theatergruppe Dimpho Di Kopane. Sie wagten sich an Georges Bizets populäre Oper "Carmen" und schufen ein Werk, das sich von den klassischen Verfilmungen von Carlos Saura oder Francesco Rosi stark unterscheidet.

Die Geschichte wurde aus einem Armenviertel im spanischen Sevilla des Jahres 1820 in die Gegenwart des südafrikanischen Townships Khayelitsha vor Kapstadt verlegt. Carmen heißt auch hier Carmen und wird von der umwerfenden Pauline Malefane gemimt. Don José hingegen hört auf den Namen Jongikhaya, und auch zahlreiche andere Details sind kulturell und regional adaptiert: Statt Wein wird ausufernd Sputla getrunken, und an Stelle der Karten wird das Knochenorakel nach der Zukunft befragt. Gesungen wird in Xhosa, einer der elf Landessprachen Südafrikas, die durch ihre Vokaldominanz und die Vielzahl an Knacklauten wunderbar melodisch und verspielt klingt und geradezu prädestiniert erscheint, gesungen zu werden.

Die Eckpfeiler der Handlung bleiben jedoch erhalten: Die Frauen drehen Tabakstäbchen in einer Baracke, die Männer versuchen mit Schmuggeln das schnelle Geld zu machen.

Im Gegensatz zu manch verklärenden "Carmen"-Inszenierungen macht es die ungewöhnliche Kulisse des südafrikanischen Apartheid-Ghettos möglich, die Menschen am Rande der Gesellschaft mit großer Authentizität zu porträtieren. So wirkt der wohlbekannte Inhalt, der im spanischen Zigeuner- und Ganovenmilieu spielt, plötzlich ungewohnt real und zeitgemäß - ohne die dargestellte Armut zu romantisieren. Das Drama um Liebe, Eifersucht und Gewalt gewinnt durch die unkonventionelle Inszenierung vielmehr eine aktuelle, sozialkritische Dimension.

Durch diese Besonderheit gelingt es Regisseur Mark Dornford-May, die Spannung bis zum Schluss aufrecht zu halten. Das einzigartige musikalische Filmprojekt wurde auf der Berlinale 2005 zu Recht mit dem Goldenen Bären als bester Film ausgezeichnet.

U-CARMEN

Südafrika 2005. Regie: Mark Dornford May. Mit Pauline Malefane, Andile

Tshoni, Zweilungile Sidloyi, Lungelwa Blou. Verleih: public films. 122 Min.

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