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Erzählung aus Kirgisien

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Sie ziehen mit dem Leichnam ihres toten Freundes/ Vaters/ Schwiegervaters zum Friedhof ihres Stammes irgendwo in der kirgisischen Steppe: Edige, Sabitshan, Vissarion und Edilbei. „Der Tag zieht den Jahrhundertweg" heißt Tschingis Aitmato-ws Roman, dessen Dramatisierung die „Theater m. b. H." zur österreichischen Erstaufführung brachte. Mythische Gestalten der Vorzeit begegnen den Totenbegleitern ebenso wie Leitfiguren des stalinistischen Terrors. Als ein Stacheldrahtverhau den Zugang zum Friedhof verwehrt, begräbt Edige den Freund an der neu gezogenen Grenze.

Gösta Neuwirths musikalische Intermezzi verstärken den langen

Atem des Erzählens in Aitmatows Werk. Unter der Regie Johannes To-meks und in Werner Schönolts gelungener Adaptierung des Aufführungsortes prägen sich Karl Schmid-Werter, Michael Reiter, Gerhard Roiß, Fritz Holzer, Georg Kusz-trich und Junko Kurinayashi (Ge-

sang) besonders ein. Wie einst in der kasachischen Steppe die Krieger Gefangene durch grausame Mißhandlungen zum „Nankurt", zum willenlosen Werkzeug machten, so geschah und geschieht dies immer wieder, so der 1928 in Kirgisien geborene Autor. Menschen dürfe man nicht ihre Erinnerung und ihr Gedächtnis rauben, meint Aitmatow, „Nankurti-sation" geschehe auch heute. Die Manipulation bediene sich da ganz anderer Mittel. Die Massenmedien mit ihrem Tempo würden dazu mißbraucht. Dem Träger des Großen Österreichischen Staatspreises für Europäische Literatur geht es um mehr als den tagesaktuellen Erfolg.

Fabrikshalle am FrachtenbahnhofA s-panggründe (Mi, Do, Sa bis 18. Mai)

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