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Operette als Nachspiel

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Eine Nasenlänge hinter den Festwochen präsentierte die Staatsoper in der Volksoper die wienerischeste all der bunten Veranstaltungen: die Operette „Wiener Blut“ von Johann Strauß, die übrigens gar nicht komponiert, deren Musik vielmehr im Auftrag des todkranken Meisters von Adolf Müller als ein Bukett Straußischer Melodien zusammengestellt wurde. Nichtsdestoweniger: das Wienerische ist hier in seinem scharmantesten Sinne lebendig, vom fröhlichen Leben und Lebenlassen der eleganten Welt zu der gemüt- und humorvoll angepaßten Weise der bürgerlichen und kammerdienernden Kreise und bis zum „Wien wörtlich“ der Fiaker Spezies. Prachtvolle Echtheit der Typen: die düpierte Gräfin, schöner und klüger als ihre Gegenspieler (Dorothea Siebert); der leichtsinnige Graf, Operetten-Don-Juan, den Rudolf Christ fast — und der wohlhabend und wohlbeleibt gewordene, zu seinem Vergnügen das .,picksüße Hölzl“ blasende Ringelspielbesitzer, den Hubert Marischka ganz

zum Menschen machte; die gefällige (und selbstgefällige) Ballerina, deren pikante Situationen Ruthilde Boesch mit vollendeter Anmut meisterte; der gerissene Kammerdiener und die naive Probiermamsell, von Erich Kunz und Gretl Schörg mit überzeugendem Humor gestaltet. Und natürlich der Premierminister von Reuß-Schleiß-Greiz, der alles verkehrt macht, gelernt ist eben gelernt, und in der lebensvollen Karikierung durch K.arl Dönch unsere unbedingte Sympathie gewinnt, wie

denn auch nicht! Ueber dem Ganzen der prickelnde Zauber echter Wiener Musik, diesmal nicht im Reißerischen, sondern im Gemütvoll-Beschwingten kulminierend, Walzerseligkeit ohne Fanfare, die Grazie des Balletts, die Gediegenheit der Ausstattung und die Vermeidung des so gefährlichen Zuviel in allem und jedem — wir glauben, daß die Operettenrenaissance der Volksoper mit „Wiener Blut“ ihren bisherigen Höhepunkt erreicht hat.

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